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DDR-Kunst DDR-Kunst: Sehnsucht nach Vertrautem

Von Ingrid Ehrhardt 23.11.2005, 12:02
Der Maler Willi Sitte in seinem Atelier in Halle: Auch seine Werke rücken zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. (Foto: dpa)
Der Maler Willi Sitte in seinem Atelier in Halle: Auch seine Werke rücken zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Meiningen/Beeskow/dpa. - DieKuratorin der Ausstellung «Ein weites Feld», die derzeit auf BurgBeeskow im Brandenburgischen auf ein unerwartet großesBesucherinteresse stößt, erklärt sich die Renaissance an diesenKunstwerken nicht etwa aus verklärter DDR-Nostalgie, sondern aus derSehnsucht nach Vertrautem. «Für viele ruft die Begegnung mit diesenBildern einen Erinnerungseffekt hervor.»

Wiegand, der die ehemalige «Bauerngalerie» der Vereinigung dergegenseitigen Bauernhilfe (VdGB) des Suhler Ringberghauses betreut,sieht auch ein erkennbar gewachsenes Interesse an Leihgaben aus dem650 Bildern, Grafiken und Plastiken umfassenden Fundes. So ist WilliSittes großformatiges, vierteiliges Gemälde «Landsauna» derzeit imErfurter Volkskundemuseum zu sehen. Kurt Querners «Bauer Rehn» oderBernhard Heisigs «Landschaft Warnau» sind Teil der Schau «Ein weitesFeld» in Beeskow. Die Thüringer «Bauerngalerie» kam nachPrivatisierung des Ferienheimes über die Treuhand 1994 in Besitz desLandes Thüringen. «Wir bewahren die Kunstwerke seither im Depotsorgsam auf. Zahlreiche Bilder sind der Öffentlichkeit jedoch überLeihverträge zugänglich», berichtet Wiegand.

Die Kunstsammlung Maxhütte im Stahlwerk Unterwellenborn (KreisSaalfeld-Rudolstadt) ist eine der wenigen geschlossenenKunstsammlungen eines volkseigenen DDR-Großbetriebes. Seit 1995 istdie Sammlung mit etwa 350 Werken der Malerei und Grafik im Besitz desFreistaates. Werke aus ihrem Depot sind zurzeit in Erfurt ausgeliehenund waren auch bei der umstrittenen DDR-Kunstausstellung zumKulturstadtjahr 1999 in Weimar zu sehen.

Aus Sicht von Tippach-Schneider wächst auch die Akzeptanz fürdiese Art von realistischer Kunst bei Menschen, die nicht die DDRerlebt haben. Das hänge mit der Schnelllebigkeit der Zeit, mit derInformationsflut und der Sättigung bei der Rezeption von abstrakterKunst zusammen. Diese Beobachtung habe sie bereits bei der Schau«Zwischen Himmel und Erde» gemacht. Sie tourt derzeit durch dieLande. Anfang 2006 geht auch «Ein weites Feld» auf Wanderschaft: ÜberRheinsberg (Tucholsky-Museum), Berlin (Domäne Dahlem), BadFrankenhausen (Panorama-Museum) kommen die 32 Ölgemälde sowie an die20 Aquarelle und Grafiken zum Thema «Landwirtschaft als Motiv in derDDR» im Mai 2007 im Meininger Schloss Elisabethenburg an.

Der Meininger Museumschef Wiegand ist sich ziemlich sicher, dassbald auch aus dem nahen Suhl Bedarf an Sittes «Landsauna» angemeldetwird. Die Stadt bereitet mit Unterstützung der Willi-Sitte-Stiftungfür realistische Kunst in Merseburg eine große Ausstellung des DDR-Malers für 2006 in Suhl vor. Die Merseburger erhalten im GegenzugTeile des großformatigen Sitte-Wandbildes «Kampf und Sieg derArbeiterklasse» als Leihgabe für die ständige Sitte-Ausstellung. Siesoll im Februar eröffnet werden. Das Suhler Emaille-Tafel-Bild lagertseit seiner Demontage wegen des Baus des neuen Congress Centrums wieviele DDR-Kunstwerke im Depot.

Tippach-Schneider sieht große Chancen für Ausstellungen mit DDR-Kunstwerken: «Die Leute sehnen sich wieder nach gegenständlicherMalerei. Sie wollen eine erkennbare Botschaft, die Grundlage bietetfür den Dialog. Die Leute haben Lust, sich auseinander zu setzen.»Bange müsse niemanden sein, dass der Fundus an DDR-Kunst sichthematisch schnell erschöpfe. Allein das Kunstarchiv Beeskow verfügeüber 23 000 DDR-Kunst-Objekte aus den Ländern Mecklenburg-Vorpommern,Brandenburg und Berlin.