Das Wunder von Bern Das Wunder von Bern: Kontra zum Film
Halle/MZ. - Das muss man Sönke Wortmanns neuem Film lassen: Auf die Tränendrüse drückt er mit unwiderstehlicher Macht. Sogar dem Bundeskanzler soll es passiert sein. Dabei hätte der weißgott andere Anlässe zum Heulen. Falls es hier passiert, mag am wunderbaren Spiel von Louis Klamroth liegen, dem Sohn Peter Lohmeiers - im Film wie im Leben. Ansonsten ist das Wunder von Bern ein Wunder an Werbung. Kitsch heißt hier Pathos, und Pathos kommt unweigerlich ins Spiel, wenn es um nationale Wallungen geht.
Ob es ein guter Film ist? Unwichtig, wenn man es nur als großes Kino der Gefühle verkaufen kann. Irgendwie amerikanisch, so in Richtung der Marlboro-Werbung, die vor dem Hauptfilm läuft: qualmender Cowboy, dampfende Pferde. Nur, dass es hier qualmende Kriegsheimkehrer und dampfende Fußballer sind. Eigentlich hat Wortmann ja zwei Filme gemacht, weswegen das Werk im Ganzen misslungen ist. Film eins zeigt, was für tolle Hechte die Nationalspieler in den Fünfzigern waren. Das ist recht nett. Film zwei zeigt Frust und Hoffnung in Nachkriegsdeutschland. Das hat Fassbinder viel früher viel besser gemacht.
Und die Klammer? Eine fiktive Familiengeschichte wird in das reale Endspiel gestrickt. Heraus kommt eine Art halbdokumentarische Seifenoper mit Muttis goldenem Wort: Wir sind alle nicht Schuld. Nicht daran, dass Vati so böse geworden ist, nicht am Krieg.
Am Ende aber gleitet der Zug mit den deutschen Fußball-Siegern durch satte, symbolische Felder, von denen ährenschwere Erntewagen rollen. Hallo Wirtschaftswunder, hurra Deutschland.