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Das hymnische Debüt der Fleet Foxes

Von Werner Herpell 11.08.2008, 08:09

Berlin/dpa. - Berlin ­ Es muss eine tiefe Sehnsucht nach schönen Stimmen geben, nach kunstvollem Harmoniegesang und echten Melodien, die den Fleet Foxes derzeit ein rasant wachsendes Publikum zutreibt.

Wenn vier der fünf Bandmitglieder buchstäblich aus vollem Halse ihre ekstatischen Pop-Choräle anstimmen, schnürt es selbst abgeklärteren Konzertbesuchern die Kehle zu. Nach Live-Triumphen und überraschenden Chart-Erfolgen in den USA und Großbritannien erscheint das Debütalbum «Fleet Foxes» an diesem Freitag (8. August) auch in Deutschland. Und, angesichts der Vorweg-Jubelarien kaum zu glauben: Es ist tatsächlich eine Platte für Jahresbestenlisten.

Die Fleet Foxes sind also «vermutlich die Konsensband der Stunde» («Rolling Stone») - eines sind sie gewiss nicht: modisch in dem Sinne, dass sie auf Äußerlichkeiten setzen oder nach den üblichen Regeln der Popmusik funktionieren. Die fünf Amerikaner machen melodieseligen Folkrock, der sich zu seinen 60er/70er-Jahre-Wurzeln bekennt. «Ja, wir stehen auf die Plattensammlung unserer Eltern ­ das ist die Musik, die wir wirklich mögen», bekennt Leadsänger Robin Pecknold (22), ein sympathischer Träumer mit beeindruckendem Zauselbart und ebensolcher Stimme, im dpa-Gespräch. Und so hört man Einflüsse der Woodstock-Legenden Crosby, Stills, Nash & Young in ihren Liedern, aber auch Simon and Garfunkel, Fleetwood Mac, America und vor allem die Beach Boys haben Spuren hinterlassen.

Die besondere Kunst der Fleet Foxes ist nun, dass sie diese großen Vorbilder nie billig kopieren, sondern mit einer ganz eigenen, unverbrauchten Klangästhetik und brillanten Songideen für die Pop- Gegenwart aufbereiten. Wohl auch deswegen wurden manche ihrer fast sakral anmutenden Lieder lange vor dem Erscheinen des Debüts von trendbewussten Bloggern im Internet herumgereicht ­ die Erfolgsgeschichte der Fleet Foxes ist insofern eine durchaus moderne. «Manchmal macht mir der Internet-Trubel Angst, aber andererseits ist dieser schnelle Erfolg natürlich auch irgendwie cool», sagt Pecknold.

Das junge Quintett stammt aus Seattle, der Metropole im Nordwesten der USA und «Hauptstadt des Grunge-Rock» der 90er Jahre. Robin Pecknold wird oft gefragt, warum der wütende Sound von Bands wie Nirvana oder Pearl Jam so gar nicht auf seine Musik abgefärbt hat. Die ist stattdessen von friedvollen Gitarren, Orgel, Tamburin und mehrstimmigen Harmonie- oder A-cappella-Gesängen geprägt. «Für Grunge bin ich wohl zu spät geboren», sagt Pecknold. «Meine Themen sind ganz andere ­ ich singe über meine Familie, Freunde, die Natur. Und ich liebe die Magie der menschlichen Stimme.» Auch sei die Zeit für politische Lieder, wie sie Popmusiker einst sangen, wohl vorbei.

Als «weltfremde Hinterwäldler» haben Kritiker die Fleet Foxes deshalb bezeichnet, aber nicht einmal das war boshaft gemeint. Es fällt auch schwer, angesichts der schwerelosen Songs und der Live- Euphorie dieser Band ernsthaft zu kritteln. Dass die elf Lieder des Debütalbums ­ allen voran das Mandolinen-Prachtstück «Blue Ridge Mountains» ­ überwiegend in den eigenen vier Wänden mit akustischen Instrumenten produziert wurden, passt zum Öko-Image. «Die Platte hat sich ganz natürlich entwickelt, es gab keinen Masterplan», betont Pecknold. Nun brauche er aber bald wieder etwas Ruhe, um neue Songs zu schreiben - damit die steile Karriere der Neo-Hippie-Band mit dem zweiten Album im nächsten Jahr weitergehen kann.

www.myspace.com/fleetfoxes

www.cooperativemusic.de (dpa)