Das Finale von "Die Bachelorette" Das Finale von "Die Bachelorette": Picknick im Nirgendwo
Köln - Tourismusfaktor, der
War während der gesamten „Bachelorette“-Staffel hoch. Portugal, Madeira, klitzekleine Azoren-Inseln, die Sahara: Kann man überall getrost mal (wieder) hinfahren. Ganz wichtig dabei: RTL sollte es bei unseren Stippvisiten so ergehen wie Hunden vor der Metzgerei; für den Kölner Sender gilt in dem Fall natürlich „Wir müssen leider draußen bleiben“. Weiterhin zu beachten: Auch kuppelwillige Hähne, die um ein blondes RTL-Huhn balzen, sollten nicht in der Nähe sein, wenn man dort oder anderswo urlaubt.
Romantik, die
Begriff, den RTL wie eh und je schmal fasst und schlicht interpretiert. Am Strand rumsitzen, aufs Wasser gucken, die Wellen beim Plätschern beobachten. An Pools rumsitzen, mit Sektflöten anstoßen, inflationärem Kerzengeflacker (muss während der Drehs verdammt windig gewesen sein in Portugal) bewohnen und dabei verträumt aus der Wäsche gucken. Bötchen fahren, spazieren gehen, den Blick in Richtung des Horizonts justieren. Und dann das Ganze noch mal von vorn. Bonus-Romantik-Zugabe seitens des Senders: diverse Picknicke im Nirgendwo. Auf Berggipfeln der Insel Madeira, im Sand der Sahara, an einsamen Buchten. So was spielt in einer Erregungs- und Verrücktheits-Liga mit Rosamunde-Pilcher-Filmen; was haben wir gegähnt.
emotionale Bankrott-Erklärung, die
„Ich brauche unbedingt den Rat meiner Eltern, weil ich keine Ahnung habe, in welche Richtung das geht.“ Anna Christiana Hofbauer, 26, sehnt sich nach Mami und Papi. Mami und Papi, namentlich Inge, 47, und Christian, 50, kamen dann auch. Und fanden Tim und Marvin prima, Tim sogar noch ein bisschen mehr prima als Marvin. Und hat’s was genutzt? Nö.
Anti-Echtheits-Zertifikat
Geht raus an die Bachelorette herself. Okay, das Format ist möglicherweise komplett (schlecht) geskripted, unecht sein ist Grundvoraussetzung, um bei so etwas mitzumachen. Ein Eindruck bleibt aber trotzdem nach den Balzwochen: Anna Christiana Hofbauer interessiert nicht das, was sie im Kontext der RTL-Kuppelei mit der Männerschar erlebt hat. Sondern vor allem das, was sie davon erzählen kann. Dass sie demnächst auch Überwachungskameras in Parkhäusern Interviews gibt, ist allerdings nur ein Gerücht. Bisher jedenfalls.
Knutsch- und Fummelfaktor
Mäßig. Bisschen Knutschen. Mal mit, mal ohne Zunge. Bisschen Fummeln. Mehr war nicht, mehr sollte wohl auch nicht sein. Alles in allem nicht ganz so aufregend wie die Foto-Lovestory in der „Bravo“; da ist mehr Zunder drin.
Zeitlupe, die
Wer hat RTL eigentlich eingebimst, das Slow Motion etwas mit Anmut oder Poesie zu tun hat? Oder was sollte das immer, das stinknormale Ablegen der Rosen in einer Schale konsequent in Zeitlupe zu zeigen? Hmmm???
Motivation, die
Hat Anna Christiana Hofbauer als Bachelorette mitgemacht, weil sie eine neue Liebe oder gar einen Mann fürs Leben finden wollte? Möglich, aber unwahrscheinlich. Die Frau ist ausgebildete Musical-Darstellerin, hat diverse Jobs – und will mehr. Vor allem: bekannt werden. Übrigens: Markus Lanz ist aus der Sommerpause zurück. Gut für Hofbauer, schlimm für uns.
Fehleinschätzung, die
Asche auf unser Haupt. Oder von uns aus auch Rosenblätter. Unser Tipp fürs Finale lautete so: Bronze an Thomas, Silber für Marvin. Goldene Rose an Tim. Wir haben uns geirrt. Nicht mit der bronzenen, aber mit der silbernen und goldenen Rose. Marvin ist Annas Auserwählter, Tim landete auf Platz zwei. Und zog angemessen beleidigt und enttäuscht von dannen. Ob gut geschauspielert oder ein bisschen echt: einer der wahrhaftigsten Momente des Formats.
Musik zum Finale, die
War – ob absichtlich oder zufällig - gut ausgewählt. Als Tim aussortiert wurde, lief „L’amour Naissant“ von Sébastien Tellier. Als Marvin auserwählt wurde, lief Sam Smith mit „Stay With Me“. Und genauso hat sich die Bachelorette entschieden: Sie hätte einen hippieesken Hipster mit Harley-Attitüde haben können, der wenigstens ansatzweise so durchgefönt wirkt wie Tellier. Und genommen hat sie einen Normalo, der sich so solide benimmt wie ein VW Golf geradeaus fährt. Einen Golf „Bon Jovi“ hab’s ja schon, unser Vorschlag: Macht den Deal mit Sam Smith hart, Manager in Wolfsburg.
Prognose, die
Mit dem Sicherheitsabstand von zwei Tagen bis einer Woche kommt raus: Anna und Marvin haben sich längst getrennt (falls sie überhaupt jemals zusammen waren), wollen aber Freunde bleiben (oder werden).
Anschlussverwendungsmöglichkeiten, die
Herzbube Marvin promotet als Leiter einer Werbeagentur demnächst Schnäpse, unter anderem das Gesöff „Kleiner Feigling“. Thomas wird Testimonial für einen Barttrimmer. Tim entert als Friseurmeister überraschend den Sat.1-Telezoo „Promi Big Brother“ und verpasst dort Paul Janke das, was er dringend nötig hat: einen Haarschnitt. Damit es schon bald bei dem Bachelor in der Version 2012 keinesfalls mehr heißt: Eine Frisur findet nicht statt.
