Corinna Ponto: RAF-Film verfälscht kollektives Gedächtnis
Köln/dpa. - Die Tochter des 1977 von der RAF ermordeten Bankiers Jürgen Ponto, Corinna, hat den Kinofilm «Der Baader-Meinhof-Komplex» als großen Rückschritt nach vielen guten Publikationen zum Thema RAF bewertet.
Der Film verfälsche das kollektive Gedächtnis, sagte Corinna Ponto dem Nachrichtenmagazin «Focus». Die Ermordung ihres Vaters werde darin derart falsch dargestellt, dass die «Grenze zur Demütigung» überschritten sei. Ihre Mutter Ignes Ponto war am Freitag mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Film vor dem Landgericht Köln gescheitert.
Der damalige Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, war am 30. Juli 1977 in seiner Villa in Oberursel bei Frankfurt/Main von den beiden RAF-Terroristen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt mit fünf Pistolenschüssen niedergestreckt worden. Die Hinterbliebenen zogen vors Gericht, weil die Darstellung der Bluttat in dem Kinofilm aus ihrer Sicht von den realen Ereignissen abwich. So sei nicht berücksichtigt worden, dass Ignes Ponto den Mord an ihren Mann mit ansehen musste.
Dem «so teuren Film» hätte «bei einer solchen Szene die Wahrheit teuer sein müssen», sagte Corinna Ponto. Der Film raube ihrer Mutter die «Zeugenschaft». Wenn der Film Authentizität vorgaukle, sei er «Geschichtsgaunerei».
Der Anwalt der Familie wertete die Feststellung des Gerichts als Erfolg, dass der Film das Attentat falsch darstelle. Die Richter bewerteten allerdings die Kunstfreiheit höher. Die Szene sei in eine Gesamthandlung eingebettet, die sich nicht mit dem privaten Schicksal Ignes Pontos, sondern mit einem besonders herausragenden Ereignis der Zeitgeschichte befasse, hieß es.
Corinna Ponto bedauerte, dass in Deutschland keine gemeinsame Gedenkstätte an die Opfer des RAF-Terrorismus erinnere. Eine solche Gedenkstätte sollte ihrer Meinung nach eine Selbstverständlichkeit sein.