Comedy Comedy: Von wegen Ungelenk
Halle/MZ. - Das Telefon steht nicht still in diesen Tagen. Kein Wunder auch, feiert "Ungelenk" doch sein 20-jähriges Bühnenjubiläum. Interviews, Fernsehaufzeichnungen, Konzerte, Fototermine, Auszeichnungen - alles muss wie am Schnürchen laufen. Und dann noch der Rücken. Stefan Schepnitz will gar nicht daran denken. Im Sommer machte es auf einmal "Knacks" - mitten während der großen Ostsee-Tournee. Und seitdem tut es ab und zu höllisch weh. "Ich gehe aber noch zum Arzt", verspricht der 45-Jährige und greift erneut zum Telefonhörer.
Seit 20 Jahren nun schon ulken "Ungelenk" durch das Land, nehmen mit ihrer Show die großen und kleinen Schwächen des Alltags aufs Korn. Dabei begann seinerzeit alles ganz harmlos. Die einen verdienten bei der Gruppe "Arbeiterfolk" aus Zwickau, die anderen bei den "Zugvögeln" aus Freiberg ihre Brötchen. Als die Nationale Volksarmee einige der Musiker zum Wehrdienst rief, tat sich der Rest zusammen. Was noch fehlte, war ein Name für die neue Kapelle. Der war bei einem Kasten Bier schnell gefunden: Schauorchester Ungelenk. "Damals gab es etliche Schauorchester. Wir wollten uns abheben", erinnert sich Stefan Schep-nitz. Auf Melkschemeln sitzend, musiziert die Truppe auf Marktplätzen, zu Volksfesten oder auf Betriebsfeiern. "Alles ohne Technik. Unplugged sozusagen."
Die erste größere Tour allerdings bringt herbe Publikumsschelte ein. "Was iss'n das für'n Mist?" Die Kritik verstummt schnell, je konsequenter das Schauorchester seinen komödiantischen Stil vertritt. "Eines Tages spielten wir sogar die renommierte DDR-Band NO 55 an die Wand", erinnert sich Stefan. Dann liefen die Geschäfte. Man bekam den Berufsausweis - ein in DDR-Musikerkreisen heiß begehrtes Dokument. "Größere Reibereien mit der Staatsmacht hatten wir nicht", beschreibt Schepnitz den musikalischen Anspruch der damaligen Bühnenshow. "Wir waren und sind völlig wertfrei. Wir tun niemand weh, uns tut niemand weh."
Das wiederum muss Ulknudel Mike Krüger imponiert haben, der Ende der 80er Jahre auf das Schauorchester aufmerksam wurde und die Musiker in seine Super-Lachparade einlud. Der Traum vom West-Auftritt erfüllte sich für "Ungelenk" jedoch schneller als gedacht. Im Januar 1990 engagierte sie die ARD für eine Unterhaltungsshow. "Die Aufzeichnung fand in Hamburg statt. Wir haben auf der Fahrt dorthin hinter der Grenze angehalten und erstmal eine Flasche Sekt getrunken", erzählt Stefan. Und dann die Unterkunft im Hotel. "Es gab für jeden ein eigenes Zimmer. Unglaublich." Stefan lacht. Das Lied zur Show "Ihr Pulli war zu klein, da passt nicht alles rein" schlug ein wie eine Bombe. "Auf einmal hagelte es Anfragen aus dem Westen". Kurios: Parallel dazu brachen die Engagements im Osten zusammen.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Auftritte häufen sich, "Ungelenk" werden in der Fernsehshow "Gaudimax" von Gerd Rubenbauer das Hausorchester. Es hagelt Auszeichnungen. Der Erfolg erfordert ein neues Konzept. "Straßenmusik hätte im Westen nicht gezogen", sagt Schepnitz. Das Orchester verlegt sich auf Musikcomedy. "Das gab es seinerzeit nicht in Deutschland", sagt Schepnitz. Thomas Gottschalk holt die Truppe in seine Late-Night-Show. Der Band gelingt mit dem Titel "Auf nach Mallorca" ein Kracher. Dennoch besinnt man sich mehr auf die Arbeit als Liveband. Das Konzept zahlt sich aus. 1994 wird "Ungelenk" mit dem Comedypreis des "Internationalen Künstlerkataloges" ausgezeichnet; im Oktober diesen Jahres erhalten sie die Auszeichnung erneut.
Soviel Erfolg ist nur möglich, wenn die Chemie stimmt. Und die stimmt bei "Ungelenk". Michael Seidel sorgt sich nicht nur um seinen Vogel, sondern ständig auch um neue Ideen - trotz seiner Pflichten als dreifacher Vater. Mario Rühl ist die Frohnatur in der illustren Truppe, Pay Kohn gilt als totaler Afrika-Fan, Mario Ferraro ist Erzmusiker durch und durch und Stefan Schepnitz managt das Ganze. "Ungelenk" schlüpfen in viele Rollen, verulken die unterschiedlichsten Charaktere, nehmen Sangeskollegen auf die Schippe: Reinhard Mey, Roy Black, Eros Ramazzotti oder DJ Ötzi - alle bekommen sie ihr musikalisches Fett ab. Da bleibt kein Auge trocken, wenn Stefan als resoluter russischer General Boris seine Untertanen zur Ordnung ruft, Michael als Johannes Heesters droht, er werde hundert Jahre alt, oder Pay als rastloser Achim Mentzel über die Bühne fegt.
Mit dem Erreichten geben sich "Ungelenk" nicht zufrieden. Große Pläne warten auf ihre Realisierung. So können sich die Fans Ende Mai kommenden Jahres auf einen weiteren Meilenstein in der Geschichte von "Ungelenk" freuen. Dann nämlich feiert die erste Musicalkomödie Deutschlands Premiere - "Roswitha Krause Superstar". Man darf gespannt sein.
Ungelenk im Internet unter: www.ungelenk.de