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Claes Oldenburg Claes Oldenburg: «Politisch-erotisch-mystische» Gebilde

27.01.2009, 07:57
Elf Meter Höhe und 125 Meter Länge misst der Gartenschlauch des Pop-Art-Künstlers Claes Oldenburg, der seit 1983 den Escholz-Park in Freiburg ziert. (FOTO: DPA)
Elf Meter Höhe und 125 Meter Länge misst der Gartenschlauch des Pop-Art-Künstlers Claes Oldenburg, der seit 1983 den Escholz-Park in Freiburg ziert. (FOTO: DPA) dpa

New York/dpa. - Er selbst wählt Alltagsgegenstände, um seinemVorsatz treuzubleiben. Mehr als 40 Monumentalskulpturen aus grellbemaltem Gips und weichem Vinyl haben Claes Oldenburg und seine FrauCoosje van Bruggen in den vergangenen drei Jahrzehnten entworfen undin Parks oder auf öffentlichen Plätzen installiert. Der gebürtigeSchwede und Wahlamerikaner wird an diesem Mittwoch (28. Januar) 80Jahre alt. Coosje starb wenige Wochen vor seinem Geburtstag im Altervon 66 Jahren an Krebs.

Oldenburg gilt seit dem Tod seiner Kollegen Andy Warhol und RoyLichtenstein als einer der letzten großen Vertreter der Pop-Art.Hätte er alle seine Ideen verwirklicht, so wäre Seattle heute Sitzeiner Kathedrale in Form eines Wasserhahns. Und über New YorksCentral Park würde ein riesiger Teddybär schweben.

Die Monumentalskulpturen des Künstlerpaars stellen die Welt mitspielerischer Geste auf den Kopf. In Köln etwa nimmt es eineumgestülpte Eistüte, die wie zufällig vom Himmel gefallen und aufeinem Dach im Stadtzentrum gelandet zu sein scheint, mit dermajestätischen Domspitze auf. In San Francisco, dem Slogan nach die«Stadt der Liebe», rammten Oldenburg und van Bruggen, eine gebürtigeHolländerin, den (überdimensionierten) Pfeil Amors in den Boden.

In Freiburg im Breisgau schuf er einen gewölbten Gartenschlauch,eine 125 Meter lange und elf Meter hohe Skulptur. Für Chicago entwarfdas Künstlerpaar einen haushohen Baseballschläger, für Philadelphiaeine Wäscheklammer. Venedig bekam einen gigantischen Löwenschweifverschrieben. Auf das Geländer der Universität von Las Vegas setztensie eine gigantische Taschenlampe, in den Parc de la Villette inParis ein riesiges Fahrrad, das fast zur Hälfte im Boden eingegrabenist.

In Stockholm am 28. Januar 1929 geboren, kam Oldenburg durchseinen Vater, einen Diplomaten, schon als Kind nach Chicago. Erstudierte an der Yale Universität und dem Kunstinstitut von Chicago,bevor er sich in New Yorks Stadtviertel Lower East Side zurückzog.Dort entstand 1961 sein erstes Large-Scale-Projekt «Store», eineKarikatur der Konsumwut mit Riesentorten aus bemaltem Pappmaché,Pepsi-Kronkorken und steifen Herrenhemden.

Mit einem sieben Meter hohen Lippenstift auf einer Raupenkette zogOldenburg gegen den Vietnamkrieg zu Felde. In den siebziger Jahrenlernte er die Kunsthistorikerin Coosje van Bruggen bei einem Projektim niederländischen Otterlo kennen. Nach der Hochzeit 1977 schufensie gemeinsam unter anderem einen riesigen zerfetzten Bleistift fürdie Universität von El Salvador - Symbol für das Überleben desGeistes trotz brutaler politischer Unterdrückung. Für den vor Jahrenvon Rassenunruhen erschütterten Südstaat Florida entstand ein Paarmit einer fünf Meter hohen kaputten Schüssel mit Obststücken und -schalen.

«Seine magische Fähigkeit, Alltagsgegenstände zu verwandeln,ändert ein für alle Mal unsere komfortable Sicht der Welt»,resümierte der Direktor der National Gallery in Washington, EarlPowell, im Zusammenhang mit einer Ausstellung von Oldenburgswichtigsten Skulpturen, Collagen und Zeichnungen in seinem Haus. Diegrößte Retrospektive seiner Werke in Zusammenarbeit mit van Bruggenwar 2006 im Castello di Rivoli Museum für zeitgenössische Kunst inTurin und anschließend in Barcelona zu sehen. Das letzte gemeinsameProjekt des Ehepaares wird im kommenden Mai in Norwegen installiert:Vier Reißzwecken mit einem Durchmesser von je vier Metern, die einenAbhang hinunter dem Kistefos Museum bei Oslo entgegenzurollenscheinen.