Christine Mielitz Christine Mielitz: Mit Mut zum Wechsel und Spaß am Skandal
Meiningen/MZ. - Aufsehen erregten viele ihrer Inszenierungen,ob in Dresden, Hamburg oder Berlin schon vorher,als Gast war sie schon seit Jahren an ausländischenOpernhäusern gefragt. Doch mit ihrem "WagnisWagner", dem Meininger "Ring"-Marathon anvier Tagen, katapultierte sich die 51-Jährigein die Bundesliga. Sie wurde auf Empfängenherumgereicht, Politiker und Intendanten suchtendas Gespräch mit ihr und sie konnte sich vorAngeboten kaum retten.
Was - kleine Posse am Rande - auch dazu führte,dass die Hamburger CDU unter ihrem Chef Olevon Beust anfragte, ob sie denn nicht Kultursenatorinder Hansestadt werden wolle. Doch Mielietzgab dem Freiherrn einen Korb und macht lieberweiter Theater. Für die Opernwelt mit Sicherheitein Gewinn. Gilt die Power-Frau doch als "provokant-eleganterRegieputzteufel" im Fach Opernregie.
Vom künstlerischen Ziehvater Harry Kupfer,als dessen Oberspielleiterin sie von 1992bis 1998 an der Komischen Oper Berlin agierte,hat sie das Drastische, den psychologischenRealismus, den - manchmal auch überbordenden- Aktionismus. Kulinarik ja, aber darunterist deutlich sichtbar der Konflikt, das Problemverpackt.
"Ich mag alle Kunst, die Dynamik in sich birgt",sagt sie, "Theater muss Spannung erzeugenund der Zuschauer soll Stellung beziehen".Zugleich sagt sie aber auch: "Theater zu erhalten,nur weil es da vorne draufsteht, ist blödsinnig!Es muss auch einen Sinn haben!" In SachenSparmaßnahmen musste sie in Meinigen die bittereLektion lernen, dass der "Ring" nur viermalgezeigt werden konnte Erst die Schlagzeile,dass er von Privatleuten, unter anderem dem"Wotan"-Sänger Franz Hawlata, gekauft undauf Tournee geschickt werden sollte, schrecktedie Politiker auf. Jetzt wird noch einmalneu gerechnet.
Mit der Vertragsunterzeichnung in Dortmundist nun der vorzeitige Abgang von Meiningenbesiegelt, das sie bei ihrem Abschied im Sommer2002 vier Jahre geleitet haben wird. Dortmundmuss seit dem Weggang von John Dew eine einjährigeInterimsphase überstehen. Doch schon jetztbastelt Christine Mielitz am Spielplan fürihren neuen Arbeitsplatz. "Dew hat sehr vielZeitgenössisches gemacht und ich glaube, dadurchist die große Publikumsschicht des Bildungsbürgersetwas weg", so ihre Ferndiagnose. Um die Sehnsuchtnach dem klassischen Repertoire zu stillen,wird sie das Opern-ABC anbieten. Dass Wagner,Verdi und Mozart spannend sein können, hatsie an der Komischen Oper gezeigt und natürlichmit dem "Ring".
"Ich will auch beweisen, dass man nicht dieTradition über Bord werfen muss. Diese Wegwerfmentalität,dieses Mach-mal-was-ganz-Neues, das mag ichnicht." Für die Eröffnung könnte sie sichdaher gut Wagners "Meistersinger" vorstellen.Die Doppellast von Intendanz und Regie istfür die gebürtige Chemnitzerin keine Bürde,sondern eher Ansporn. "Das Profil eines Hausesprägen zu können, ist für mich ein sehr großerReiz."
Bevor sie Meiningen verlässt, wird sie dortnoch zwei Stücke inszenieren, Brittens "PeterGrimes" und Verdis "La Traviata". Damit entfachtesie bereits 1986 an der Dresdner Semperopereinen handfesten Skandal. "Der ging sogarins Opernlexikon ein", lacht sie und dieErinnerung bereitet ihr heute noch Vergnügen.Harmlos wird auch die zweite Verdi-Begegnungnicht werden. Nur das Gerücht, dass sie fürden nächsten "Ring" in Bayreuth gehandeltwird, dementiert Christine Mielitz hartnäckig.