Christian Haase Christian Haase: Zwischen Träumen, Wünschen und Wirklichkeit
Halle (Saale)/MZ. - Das Problem war nur: Haase, in Leipzig aufgewachsen, hatte noch nie von Gerhard Gundermann gehört. Was er machte, machte er, weil es ihm so eingefallen war, nicht, weil er auf die Marktlücke spähte, die der frühe Tod des Vorzeigeliedermachers gerissen hatte.
Fast anderthalb Jahrzehnte später hat sich Haase denn auch völlig frei gemacht vom großen Schatten des gebürtigen Weimarers. War sein voriges Album "Nimmersatt" noch eine leise Abrechnung mit der Wohlstandsgesellschaft, die in rein akustischen Stücken daherkam, markiert das neue Werk "Die Besseren Zeiten" die Rückkehr zum Rock mit einer richtigen Band.
Über Umwege erst ist der 31-Jährige hier gelandet, denn ursprünglich war das Nachfolgealbum für "Nimmersatt" schon vor Monaten fertig gewesen. Doch es gefiel ihm nicht, Haase fühlte sich nicht wohl damit. Und begann nach langem Überlegen von vorn mit der Arbeit.
Nun aber hadert er nicht mehr mit der Gegenwart, er feiert sie. "Ich bin noch keine dreißig Jahre alt und hab vom Essen einen dicken Bauch", singt er im Eröffnungsstück, und das klingt weder nach Bitterkeit noch nach Reue. Der Sachse, unterdessen nach Berlin umgezogen und mit einem Plattenvertrag der Sony-Tochter SPV ausgestattet, nimmt das Leben, wie es kommt, komme was da wolle. Mit Tina Powileit, vor langer Zeit einmal bei der DDR-Mädchenband Mona Lise und später bei Gundermanns Seilschaft am Schlagzeug, dem Gitarristen René Schostak und Daniela Schwabe am Bass hat er Musiker gefunden, die seine Vision von Rockmusik teilen. Statt Unplugged-Liedermacherei oder Rap-Sprechgesang gibt es hier jede Menge Anleihen bei Rockklassikern wie Bruce Springsteen oder John Mellencamp.
Was bei Gundermann manchmal zu bitter ernst war, übersetzt Haase augenzwinkernd in Selbstironie wie bei "Mittendrin", wo es heißt "Wir sind keine Clowns und wir sind nicht die, die niemals lachten". Das Video dazu zeigt abwechselnd eine rockende Zeichentrickfigur mit Haase-Frisur und ein halbwüchsiges Mädchen, das auf einem Federballschläger Gitarre spielt. Auch der Albumtitel ist so zu verstehen: Nicht, dass Christian Haase glaubt, diese Zeiten sind wirklich die guten. Aber, soviel Optimismus muss erlaubt sein, sind besser als andere. Und warum soll man darüber nicht auch mal erfreut sein?
Dazu passt der Polka-Rhythmus von "Benzin im Kopf", dazu passen aber auch das sehnsüchtige "Schneetreiben" und das fast schon U2-artige Titelstück "Bessre Zeiten". Vielfalt statt enger Grenzen, Lieder zwischen Träumen, Wunsch und Wirklichkeit. Christian Haase ist dabei, sich seine besseren Zeiten selbst zu organisieren.