Bundesrat Bundesrat: Schlingensief mit Hörspielpreis ausgezeichnet
Berlin/dpa. - Mit der ihm eigenen provokanten Scharfzüngigkeit hat der Theaterregisseur Christoph Schlingensief am Montag im Bundesrat den Hörspielpreis der Kriegsblinden entgegengenommen. Die Auszeichnung wurde ihm für seine vom WDR produzierte Medien- und Politsatire «Rosebud» verliehen, die auf seine Theaterinszenierung an der Berliner Volksbühne beruht. Dabei zitierte der 42-jährige Regisseur, der im Juni auf der Kunstbiennale in Venedig für Aufsehen sorgte und im nächsten Jahr die Wagner-Oper «Parsifal» bei den Bayreuther Festspielen inszenieren wird, einen Text Richard Wagners zur Revolution von 1848.
«Ich zitiere das, weil wir ja bald wieder vor so etwas stehen werden, denn auch bei Einsatz der Bundeswehr wird es nicht gelingen, dieses Gesellschaftssystem aufrechtzuerhalten - und das im Bundesrat zu sagen, ist mir eine große Ehre», betonte der Theaterprovokateur in Anwesenheit von Bundesratspräsident Wolfgang Böhmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, sowie Bundeswehrgenerälen im Publikum. An der Preisverleihung nahm auch TV-Talkmaster Alfred Biolek teil.
«Aus dem eigenen Untergrund heraus verlangen wir, gehört zu werden, um auch die uns aufgezwungenen Bilder eines Landes, das permanent den Superstar sucht, zu zerstören.» Unter Anspielung auf eine geplatzte Talkshowreihe beim WDR für diesen Sommer mit ihm sprach Schlingensief von «eigenen schmerzlichen Erfahrungen mit dem WDR-Fernsehen, «wo meiner inneren Überzeugung nach ganze Abteilungen in Flammen aufgehen sollten».
Der stellvertretende WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz nannte Schlingensief einen «Regelbrecher mit der Rollenzuweisung, letzter Dorn im Fleische des Establishments zu sein» und fügte hinzu: «Aber Schlingensief hat etwas zu sagen.» Jury-Vorsitzender Jörg Drews meinte in seiner Laudatio, Schlingensiefs Arbeitsprinzip sei es, «der Geschmacklosigkeit in Politik und Medien mit einer überhöhten Geschmacklosigkeit entgegenzutreten». Das Paradoxe an seiner Karriere sei vielleicht, «dass er bei aller Aufsässigkeit am Ende im Bundesrat landet».