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Bühnen Halle Bühnen Halle: Opernchef Florian Lutz über die Probleme mit Stefan Rosinski

28.06.2017, 06:00
Florian Lutz, Halles Opernchef, an seinem Arbeitsplatz
Florian Lutz, Halles Opernchef, an seinem Arbeitsplatz Falk Wenzel

Halle (Saale) - Es gibt Streit zwischen drei künstlerischen Leitern der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle und deren Geschäftsführer Stefan Rosinski. Mit Opernchef Florian Lutz sprach Andreas Montag.

Herr Lutz, bei den halleschen Bühnen brennt die Luft. Wie arbeitet es sich unter solchen Bedingungen?

Florian Lutz: Zunächst mal möchte ich feststellen, dass die Arbeit mit den Mitarbeitern und Kollegen der verschiedenen Abteilungen hier im Haus großen Spaß macht und außerordentlich produktiv und gut ist. Es herrscht eine große Professionalität und ein äußerst angenehmes und aufgeschlossenes Arbeitsklima. Und das war in den meisten Bereichen der Bühnen Halle und des Opernhauses auch in den letzten Wochen der Fall. Lediglich die Zusammenarbeit mit dem neuen Geschäftsführer der TOOH, Stefan Rosinski, empfinden viele von uns als problematisch. Deshalb haben der Generalmusikdirektor der Staatskapelle, Josep Caballé-Domenech, der Intendant des nt, Matthias Brenner, und ich als Intendant des Opernhauses einen Brief an den Aufsichtsrat gerichtet, in dem wir einige der Probleme ansprechen, die die Zusammenarbeit zwischen kaufmännischer und künstlerischer Leitung der Bühnen Halle aus unserer Sicht seit Beginn dieser Spielzeit erschweren.

Allerdings ging es dabei um eine interne Klärung und nicht um ein öffentliches Statement, insofern war unser Schreiben auch nicht für die Medien bestimmt und Sie werden verstehen, dass ich mich zu seinem Inhalt hier weiter nicht äußern möchte.

Aber nun sind die Probleme öffentlich geworden. Und das Publikum hat ein Interesse daran. Was also ist passiert?

Lutz: Ich hatte mich im Vorfeld sehr auf die Zusammenarbeit mit Stefan Rosinski gefreut. Wir haben hier gemeinsam letzten August begonnen und so ein Neustart ist eine großartige Chance für alle Beteiligten, sich durch eine konstruktive Zusammenarbeit weiter zu entwickeln. Wenn man nun aber sieht, was sich in den letzten Wochen - teilweise auch in der medialen Öffentlichkeit - abgespielt hat, kann man sich vermutlich auch als Außenstehender vorstellen, inwiefern wir, die Unterzeichner des Briefes, in unseren Erwartungen ziemlich enttäuscht wurden.

Das betrifft welchen Punkt besonders?

Lutz: Ich will hier nur den Umgang mit den Zuschauer- und Einnahmezahlen nennen, durch den gerade auch in der MZ zahlreiche Leser verunsichert wurden. Die hatte Stefan Rosinski dem Aufsichtsrat zur Kenntnis gebracht. Dabei handelte es sich aber um Zahlen, die teilweise nicht zutreffend, teilweise falsch interpretiert worden sind. Und das Ganze war in keiner Weise mit uns, den Intendanten der Sparten, abgestimmt.

Das ist schon deshalb sonderbar, weil ich nicht nur für die künstlerische, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung der Opernsparte mitverantwortlich bin.

Und das tun Sie auch?

Lutz: Wir rechnen die Ausgaben sehr präzise, das hat Herr Rosinski ja auch schon öffentlich hervorgehoben. Bei den Einnahmen ist es schwieriger - die hängen vom künstlerischen Erfolg wie von den entsprechenden Vermarktungsmaßnahmen ab. Überraschend war in unserem Fall, dass es weniger die Neuproduktionen, sondern vielmehr die Wiederaufnahmen waren, die nicht gut gelaufen sind. Dazu fehlte es an Gastspielen, die es in früheren Spielzeiten gab. Die Einnahmen sind aber ein gemeinsames Produkt aus künstlerischer Gestaltung und kaufmännischer Verwertung des Hauses und insofern ist es nicht besonders zielführend, wenn sie durch einseitige Zuweisungen der Verantwortlichkeiten auf die künstlerischen Leiter geschoben werden.

Darüber führen Sie nun Klage?

Lutz: Dass die veröffentlichten Zahlen nicht zutreffend waren und sehr zu unseren Ungunsten ausgelegt wurden, ist nur die eine Sache. Dass wir dann aber über Wochen und Monate hinweg allein damit standen, dass der Geschäftsführer sich überhaupt nicht dazu positioniert hat, obwohl er die Zahlen in die Welt gesetzt hatte, das war für mich schwer nachvollziehbar. Wir, das Leitungsteam der Oper, haben die Auseinandersetzung im Wesentlichen allein führen müssen. Und einen Imageschaden für das Opernhaus hinnehmen müssen, der zuletzt auch bei der Kartennachfrage spürbar gewesen ist.

Das heißt, Sie fühlen sich schlecht behandelt?

Lutz: Ich will es mal so ausdrücken: Wir haben die Aussage von Stefan Rosinski in der Mitteldeutschen Zeitung, wir sollten alle miteinander professionell unseren Job tun, mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen. Denn genau das ist es, was wir als Opernleitung seit Beginn der Spielzeit mit großem Enthusiasmus zu leisten versuchen. Nur scheint es hinsichtlich dessen, was professionell ist, zwischen dem Geschäftsführer und uns unterschiedliche Auffassungen zu geben. Zumal, wie sich ja nun zeigt, die finanziellen Hauptprobleme der GmbH gar nicht auf Seiten der Oper liegen, sondern es handelt sich vielmehr um Strukturprobleme älteren Datums.

Wo sehen Sie den Ausweg?

Lutz: Der Geschäftsführer sollte sich damit beschäftigen, diese Probleme gemeinsam mit uns, den Intendanten der Sparten, zu lösen und nicht Szenarien in den Raum zu stellen, die das künstlerische Potenzial der Sparten infrage stellen. Ich hoffe sehr, dass sich Dinge verändern werden, die bis jetzt nicht gut gelaufen sind.

Und was war gut?

Lutz: Über weite Strecken, vom September bis in den April, haben wir eine öffentliche Debatte über unsere Produktionen gehabt, die sehr lebhaft und überwiegend positiv war. Und das, obwohl (oder vielleicht weil?) wir teils ganz andere künstlerische Wege gegangen sind, als man das von Halles Oper bisher gewohnt war.

Experiment Oper gelungen?

Lutz: Wir haben immerhin neun große Premieren gehabt - gegenüber fünf im Jahr zuvor. Und der Tenor des Publikums war überwiegend zustimmend. Wir haben Dinge begonnen, die ein ganz neues Publikum mobilisierten, vor allem mehr Schüler und Studenten. Und wir haben auch zu vielen der traditionellen Zuschauer, die zunächst reserviert regiert hatten, einen zunehmend guten Draht gefunden.

Der Spielplan war nicht zu ambitioniert? Und ohne Flops?

Lutz: Der Spielplan stützte sich auf bewährte Säulen. Hinzu kamen Produktionen wie das Rockmusical „Spring Awakening“ oder das Luther-Projekt mit 130 Laien. Die Revue „Kein schöner Land“ hat dagegen nicht wie erhofft funktioniert. Wir haben uns bei der Vorbereitung des neuen Spielplans genau angeschaut, was zuletzt beim Publikum angekommen ist, was nicht.

Das Wagnis Raumbühne ist aufgegangen. Beim „Holländer“ haben wir fast 5.000 Besucher gezählt, „Groovin’ Bodies“ von Ralf Rossa ist der Sensationserfolg geworden. Und „Sacrifice“ steht zu Buche, unsere deutschlandweit gelobte Uraufführung. So etwas gehört maßgeblich zu unserem öffentlichen Kulturauftrag.

Stefan Rosinski hat in der Mitteldeutschen Zeitung ein Familienprogramm gefordert.

Lutz: Ich war erstaunt das zu lesen, denn Stefan Rosinski war in mehreren Schritten an unserer Planung beteiligt, da hätte diese Forderung mehr Sinn gemacht.

Der Spielplan wird ihm also nicht einfach vorgelegt?

Lutz: Nein. Die Spielpläne werden nicht ohne seine Kenntnisnahme veröffentlicht. Der Geschäftsführer muss dem Spielplan zutrauen, dass man damit auch die entsprechenden Einnahmen generieren kann. Wenn ich dann einen Monat nach der Vorstellung von einem Familienprogramm lese, das wir anbieten sollten, bin ich schon überrascht.

Der Ton macht die Musik?

Lutz: Es ist nicht nur die Form des Vortrags. Ich bin auch inhaltlich überrascht, weil wir zum Beispiel die traditionellen Kinderstücke fortgeführt haben. Auch in der kommenden Saison wird es mit „Gold!“ wieder eine große Produktion für Kinder geben. Und mit „Sweeney Todd“ haben wir ein zwar etwas makabres, aber durchaus familientaugliches Musical. Nein, ich verstehe wirklich nicht, worauf Stefan Rosinkis Bedenken zielt.

Der Spielplan bleibt?

Lutz: Ja. Wir eröffnen mit „Fidelio“.

Und für die Unterhaltung?

Lutz: „Maria de Buenos Aires“, die Tango-Oper, ist hier zu nennen - neben „Sweeney Todd“. Und „Die Dreigroschenoper“ gehört wohl auch dazu. Die werden wir mit dem Neuen Theater realisieren. Ein Auftragswerk wird es mit Johann Kreidlers „Mein Staat als Freund und Geliebte“ geben. Und eine Händelproduktion für den Herbst. Ich finde, das ist ein sehr ausgewogener Spielplan und freue mich auf die Reaktionen. (mz)