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Buchvorstellung Buchvorstellung: Wieder Schwein gehabt

Von Gero Hirschelmann 16.03.2007, 17:35

Halle/MZ. - Doch der Reihe nach. Die Antike, unendliche Weiten: Über-Held Odysseus segelt fröhlich umher, trotzt den Sing-Sang-Sirenen, überlistet die Zyklopen und verliert seine Mannschaft doch an die Zauberin Kirke. Die verzaubert die Griechen, um eine Flucht zu verhindern, in Schweine - Kirke will nicht alleine bleiben.

Als Kirke Einsehen zeigt und die Männer zurückverwandelt, fehlt einer: Gryllus. Der bleibt ein Schwein und findet das auch nicht weiter schlimm. Als Kartoffelschäler unter dem dauernden Druck, Abenteuer bestehen zu müssen, war es anstrengend genug, ein Borstenvieh kann das Leben ruhiger angehen lassen. Glaubt er - und irrt sich. Eine delphische Seherin in Ausbildung prophezeit dummerweise, dass nur ein sprechendes Borstenvieh den Olymp retten kann. Und so nehmen die saukomischen Verwicklungen ihren Lauf.

Paul Shipton, Engländer mit Wohnsitz in Oxford, legt nach "Schwein gehabt, Zeus" mit "Ein Schwein rettet die Welt" schon den zweiten Band um Gryllus, den quiekvergnügten Helden wider Willen vor. Der Autor nutzt in seinem Roman überaus geschickt die Fallhöhe zwischen den antiken Mythen und ihrer erdnahen Kommentierung durch ein palaverndes Schwein. Das Helden verehrende Pathos der Sagen wird in diesem Wechsel der Perspektive - Gravitationsfeld sind die Gedanken und Gefühle eines Vierbeiners und nicht die olympische Belange - hoch amüsant und äußerst vergnüglich konterkariert.

Es ist nur folgerichtig, dass gerade Homer zum pickligen epischen Dichter im Teenageralter gerät, der zu wenig Zeit damit verbringt, "in der Turnhalle seine Beinmuskulatur aufzubauen". Shiptons Slapstick-Technik ist anfangs durchaus gewöhnungsbedürftig. Die Schnoddrigkeit der Marx Brothers oder die Respektlosigkeit eines Mr. Bean eröffnen jedoch gerade Kindern die Möglichkeit, an der phänomenalen Strahlkraft der griechischen Sagen teilzuhaben und dabei trotzdem nicht von Bildungshuberei belästigt zu werden. Und wer gar nichts lernt, der hat zumindest einen tierischen Spaß gehabt, Gryllus sei Dank.