Buchtitel Buchtitel: Kurz, knackig und griffig sollen sie sein
München/Frankfurt/dpa. - Kurz, knackig, griffig und schlagkräftig: So muss nach Darstellung von Buchverlagen der Titel eines Werkes sein. Der Buchtitel ist das Aushängeschild: Wenn er «sitzt», wird das Werk gekauft, wenn nicht, droht ihm ein Ladenhüter- Dasein. Oft versprechen Titel viel, oder sie geben sich geheimnisvoll, deuten nur an, was sich zwischen den Buchdeckeln verbirgt. Fast 80 000 Bücher sind allein 2002 in Deutschland erschienen. Angesichts der prall gefüllten Regale springen beim Stöbern im Buchladen meist als erstes Titel und Buchcover ins Auge.
Die Titel entstehen etwa bei der Deutschen Verlagsanstalt (DVA) immer in Zusammenarbeit mit dem Autor, sagt Verlagssprecher Markus Desaga. Viele Autoren hätten ganz konkrete Vorstellungen, wie ihr Werk heißen soll. Generell gilt: Je größer das Renommee, desto größer das Mitspracherecht. Gegen den Willen des Autors werde nur selten entschieden. Zusammen mit dem Buchtitel muss über die Buchgestaltung entschieden werden, denn Buchcover, Typografie und Titel müssen zusammenpassen.
«Kim Novak badete nie im See von Genezareth» von Hakan Nesser zeigt, dass ein Titel nicht immer kurz und knapp sein muss. Manchmal reüssieren gerade die sperrigen, komplizierten Titel mit rätselhaften Elementen. Das beste Beispiel ist der Ratgeber «Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin» von Ute Erhardt. «Wer soll sich das nur merken?, haben wir uns gefragt», erzählt S. Fischer-Sprecher Martin Spieles. «Doch der Titel wurde ein Verkaufsschlager und ein geflügeltes Wort wie Jahrzehnte zuvor Johannes Mario Simmels "Es muss nicht immer Kaviar sein"».
Reizworte im Titel helfen laut Desaga, Bücher sofort einem Genre zuzuordnen - eine wichtige Funktion von Titeln, vor allem für Genrekäufer. Ein Blick genügt, und Spannung ist garantiert: «Böses Blut» (Arne Dahl), «Stumme Schreie» (Karin Fossum), «Die Augen des Mörders» (Antonio Munoz Molina) oder «Komm, süßer Tod» (Wolf Haas) etwa sind typische Krimititel. Herz und Schmerz versprechen dagegen «Liebes Leid und Lust» (Amelie Fried), «Wenn die Liebe erwacht» (Sandra Brown) oder «In der Glut der Leidenschaft» (Amy J. Fetzer).
Sind Titel wenig aussagekräftig, tragen die Autorennamen zum Erfolg bei. Geändert werden Titel nach dem Erscheinen eines Buches selten. Doch funktioniert ein Titel als Hardcover nicht, kann es schon mal sein, dass er als Taschenbuch einen neuen bekommt.
Titel sind Markenzeichen. So hält es John Grisham immer kurz und knapp: «Die Schuld», «Der Verrat», «Der Richter», «Die Firma» und «Das Urteil» heißen seine Erfolgstitel. Joanne K. Rowling hebt stets ihren Helden Harry Potter auf das Cover - so auch wieder in ihrem fünften Band «Harry Potter and the Order of the Phoenix». Rowling folgt darin einer klassischen Vorgehensweise: Unzählige literarische Helden zieren den Titel von Abenteuergeschichten wie etwa Don Quijote (Miguel de Cervantes), Robinson Crusoe (Daniel Dafoe), Oliver Twist (Charles Dickens) oder Tom Sawyer und Huckleberry Finn (Mark Twain).
Um Doppelungen auszuschließen, prüfen die Verlage vor Erscheinen, ob es den Titel bereits gibt. Die Deutsche Bibliothek in Frankfurt am Main und die Deutsche Bücherei in Leipzig helfen bei der bibliografischen Recherche. Bei zum Verwechseln ähnlichen Titeln drohen eine Unterlassungs- oder gar Schadensersatzklage. Der für Buchtitel besondere Titelschutz ist im Markengesetz geregelt.
Nicht nur einprägsame Titel wie «Die Liebe in den Zeiten der Cholera» oder «Und Jimmy ging zum Regenbogen» sind geschützt, sondern auch eher farblose wie «Im Garten zu Hause» für einen Gartenratgeber oder «Pizza & Pasta» für ein Kochbuch. Keinen Titelschutz beanspruchen können dagegen rein den Inhalt beschreibende Titel wie «Die besten Kochrezepte» oder geographische Angaben wie «Provence».
Bei ausländischer Literatur haben die Übersetzer beim Titel mitzureden. Übersetzen, wenn es geht, lautet zunächst die Devise - schon aus Respekt vor dem Autor. Bei der neuen Kennedy-Biografie sei dies möglich gewesen, sagt Desaga: Aus «An Unfinished Life» von Robert Dallek wird «Ein unvollendetes Leben». Beim Bestseller des S. Fischer Verlags, «Schiffbruch mit Tiger» von Yann Martel, fanden die Lektoren den Originaltitel «Life of Pi» zum Übersetzen dagegen laut Spieles nicht geeignet.
Darüber hinaus tauchen auf dem Buchmarkt - wie bei Kinofilmen - immer häufiger Originaltitel auf, etwa «Stupid White Men» von Michael Moore oder «Simplify your life» von Werner Tiki Küstenmacher und Lothar J. Seiwert.