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Brasilien Brasilien: Die Stimme des Bossa Nova wird 80

Von Diana Renée 10.06.2011, 05:42

Rio de Janeiro/dpa. - Rio de Janeiro/dpa.Der Sänger, der Brasiliens Bossa Nova dieStimme gab, verbringt seinen runden Geburtstag so zurück gezogen, wie er seit Jahrzehnten lebt - abgekapselt in seiner Wohnung im eleganten Glitzerviertel Leblon in Rio de Janeiro. Am Freitag (10. Juni) wird er 80 Jahre alt.

Während im ganzen Land Konzerte mit seiner Musik, Ausstellungenund andere Veranstaltungen anlässlich des Jubiläums anlaufen, bleibt der Protagonist seinem schon legendären «Eremiten»-Leben treu. Der Gitarrist und Sänger wird wohl an keinem Fest teilnehmen, um den Beginn der nächsten Lebensdekade zu feiern.

Aber er hat versprochen, in einigen Monaten auf die Bühne zurückzu kommen. Zunächst am 3. September in São Paulo und dann, eine Wochespäter, in Rio vor einem Publikum von 2500 Gästen in einer Show, dielive weltweit in über 200 Kinosäle übertragen werden soll.

Es ist mehr als ein halbes Jahrhundert her, seit Gilberto 1958 denSong «Chega de Saudade» (Nie mehr Sehnsucht) von Antonio Carlos Jobim(Musik) und Vinícius de Moraes (Text) aufnahm und damit denGrundstein legte für das Genre Bossa Nova. In Brasilien wurde derSong viel beachtet. Doch war es einige Jahre später vor allemGilbertos Interpretation von «Girl from Ipanema» (Jobim/Moraes),durch die der Bossa Nova seinen Siegeszug um die Welt antrat.

Bis heute ist der am 10. Juni 1931 in Juazeiro (Bundestaat Bahia)geborene Brasilianer Mythos und Bezugspunkt für Bossa-Nova-Musiker.«João hat mir alles beigebracht. Vor allem hat er mir eine starkeIdee vermittelt über die Bestimmung Brasiliens, die Aufgabe derBrasilianer, die Mission der portugiesischen Sprache. Alle meineTräume ... gewannen Substanz, als ich die Platte "Chega de Saudade"hörte», sagt der brasilianische Liedermacher Caetano Veloso.

Der renommierte Musik-Kritiker Jon Pareles («New York Times») hältGilberto für den «coolsten Mann der Welt». «Für mich und vieleAmerikaner ist João Gilberto der Bossa Nova.» In der brasilianischenZeitung «O Globo» umriss Pareles kürzlich das Phänomen. GilbertosMusik verlaufe innerhalb rigoroser selbstauferlegter Grenzen.

«Er hebt die Stimme nicht. ... Er macht aus seiner Musik einintimes Flüstern. Wenn man sich ihm nähert, um zu lauschen, überträgtdieses Flüstern ganze Lebensgefühle.» Allerdings: Es ist es raresPrivileg, dieses «Flüstern» zu hören. Der als kauzig geltende Musikerlebt zwar mitten im pulsierenden Leben der 6-Millionen-Metropole Rio.Doch sehen lässt er sich kaum.

Seit zehn Jahren ist er mit der Produzentin Claudia Faissolliiert. Beide haben eine vierjährige Tochter. Zwar arbeitet Faissolan einem Dokumentarfilm über den Sänger, doch keiner weiß, ob dasMaterial auch irgendwann einmal an die Öffentlichkeit kommt.

Gilberto lässt sich auch Zeit mit der Genehmigung für dieVeröffentlichung eines Buches mit Artikeln und Essays über ihn. DerVerlag hatte gehofft, das Werk diesen Monat zum runden Geburtstagherauszubringen. Jetzt dürfte es wohl frühestens im zweiten Halbjahretwas werden, wenn João Gilberto seinen Fans wieder einen seinerseltenen Auftritte gönnt.