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Wir alle schlagen die Trommel Blechtrommel am Neuen Theater Halle: Wir alle schlagen die Trommel: Ronny Jakubaschk inszeniert Grass

Von Andreas Montag 18.11.2017, 08:03
Martin Reik, Annemarie Brüntjen und das Ensemble in der „Blechtrommel“ von Günter Grass.
Martin Reik, Annemarie Brüntjen und das Ensemble in der „Blechtrommel“ von Günter Grass. Falk Wenzel

Halle (Saale) - Auf die Idee kommt es an - in der Politik wie im Theater. Sonst ist das Publikum verstimmt.  Regisseur Ronny Jakubaschk und sein Dramaturg Alexander Suckel, die an Halles Schauspiel jetzt „Die Blechtrommel“ von Günter Grass auf die Bühne brachten, haben  eine bezwingende Idee gehabt: Alle Mitspieler sind Oskar Matzerath, der deutsche Junge aus Danzig. 

Oskar, der mit drei Jahren beschließt, das Wachsen einzustellen, seine Blechtrommel schlägt und Gläser zerspringen lassen kann, während der Nazi-Wahn Deutschland regiert.

Blechtrommel am Neuen Theater in Halle: Beifall für Premiere am Freitag

Alle sind Oskar, alle übernehmen dazu jeweils noch mehrere andere Rollen. Und alle   machen das fabelhaft auf Annegret Riedigers schlüssig gebauter Bühne: Annemarie Brüntjen, Sybille Kreß, Elke Richter, Nicoline Schubert, Nils Thorben Bartling, Alexander Gamnitzer, Robin Krakowski und Martin Reik.

Was sich Regisseur und Dramaturg vornahmen, trägt wunderbar, immerhin über drei Stunden hinweg. So lange hat die Premiere am Freitagabend gedauert. Am Ende hat herzlicher Beifall das Team belohnt. Auch  Bravorufe gab es. Vielleicht hat man die sogar bis in den Aufsichtsrat der halleschen Bühnen gehört, hinter deren Kulissen es   rumort.

Magie der Erzählung wird am Neuen Theater in starke Bilder übersetzt

Die Frage ist: Wo geht die Reise hin? Hoffentlich fortgesetzt zur Kunst. Schon der Saisonauftakt des Schauspiels mit Friedrich Hebbels „Nibelungen“, inszeniert von Matthias Brenner, war  erfolgreich.  In der „Blechtrommel“ wird nun abermals  von den Deutschen erzählt.   Von Polen und  Kaschuben auch. Vor allem aber vom  Menschsein und Menschbleiben. Das ist ja das Generalthema des Theaters - nicht nur jetzt,  da  manche unter Berufung auf  deutsche Werte meinen, man dürfte endlich wieder ein bisschen braun sein.

Am Neuen Theater wird die Magie der Erzählung in starke Bilder übersetzt, manchmal geht das  hohe Tempo dabei ein wenig zu Lasten der Sprache. Der helle Aberwitz des Werkes indes tritt scharf hervor, es darf  gern auch gelacht werden in diesem Stück.

Und manchmal eben auch nicht. Etwa dann, wenn Martin Reik als deutscher Obergefreiter spielt, wie dieser Soldat Frauen tötet: So, wie man Luftballons zerdrückt. Der Mann könnte gefallen sein. Oder ist ein ordentlicher Bürger geworden. Irgendwo hier. In Deutschland.

Nächste Vorstellung am 25. November, 19 Uhr, Saal