Bill Haley Bill Haley: Der erste weiße «Rock'n'Roll-Star»

New York/dpa. - Aber Haley traf mit seinen Hits «Rock Around The Clock» und «See Ya Later Alligator» in den 50er Jahren genau den Tonder Zeit. Zu Ohren betäubender, irrsinnig schneller Musik konntenseine «Halbstarken»-Fans ihren Aggressionen freien Lauf lassen.Woraufhin sie sich mit Wonne regelmäßig Saalschlachten lieferten undClubs und Hallen demolierten. Am 9. Februar vor 25 Jahren starb Haleyim Alter von 55 Jahren überraschend an Herzversagen.
Dabei hatte für William John Clifton Haley Jr., der am 6. Juli1925 in Highland Park, Michigan, geboren wurde, alles mit Country-Musik begonnen. Sein Vater kam aus Kentucky und begeisterte ihn fürHillbilly und Western Swing. Als Kind stand Bill häufig vor demelterlichen Spiegel und imitierte mit einer Pappgitarre dieMusikgrößen seiner Zeit. Die Eltern schenkten ihm daraufhin einechtes Instrument und ließen ihn Unterricht nehmen.
Ab 17 gründete er verschiedene Bands, die ausgesprochenes Cowboy-Flair verbreiteten, beispielsweise die «Four Aces of Western Swing»,«Johnny Clifton & His String Band» und «Bill Haley and hisSaddleman». An die Spitze der Charts kam er jedoch erst mit derFormation «Bill Haley & His Comets».
Als «Rock Around The Clock» im Mai 1954 auf den Markt kam, gab esallerdings zunächst wenig Resonanz. Den Durchbruch brachte dieVerwendung des Songs in dem amerikanischen Kult-Jugendfilm «TheBlackboard Jungle» (1955 dt. «Die Saat der Gewalt»). Zu demmitreißenden Rhythmus von «We're gonna rock, rock, rock, 'til broaddaylight» zertrümmerten dort Schauspieler wie Sidney Poitier undGlenn Ford die Schulbänke. Der Song hielt sich wochenlang auf Platz1, blieb ein halbes Jahr unter den Top 50 und wurde zur «Marseillaiseder Teenager-Revolution». Das erstaunlichste: Haley war zu demZeitpunkt knapp 30 Jahre alt, gute zehn Jahre älter als Elvis.
Aber ihm war als erstem die echte Synthese zwischen schwarzer undweißer Musik gelungen: Er brachte dem Rhythm'n'Blues und den BoogieWoogie der Schwarzen zusammen mit der Western-Musik der Weißen. «Ichdachte mir», erzählte Haley in Interviews, «wenn ich eine Dixieland-Melodie nehme und den ersten und dritten Rhythmus-Schlag weglasse,dafür den zweiten und vierten betone, und einen Beat dazugebe, nachdem die Zuhörer klatschen und tanzen können - das wäre dann genau wassie wollen.»
Und genau das wollten sie: Bis 1958 veröffentlichten «Bill Haley &His Comets» insgesamt 15 Singles, die sich alle unter denamerikanischen Top 50 platzierten und bis heute zu den Klassikern desRock'n Roll zählen: «Mambo Rock» (1955), «Razzle Dazzle» (1955), «SeeYou Later Alligator» (1956), «The Saints Rock'n'Roll» (1956) und«Rockin' Through The Rye» (1956) waren seine größten kommerziellenErfolge. Insgesamt verkaufte er rund 60 Millionen Platten.
Auf der Deutschland-Tournee 1957 kam es zu Tumulten und blutigenSaalschlachten mit der Polizei. Randalierende Jugendlichezertrümmerten in Berlin und Hamburg die Konzertarenen. 50 000 MarkSchaden allein im Berliner Sportpalast hätten fast den Ruin desVeranstalters bedeutet. Das SED-Zentralorgan «Neues Deutschland»wetterte von jenseits des Brandenburger Tores: Der Auftritt des«Rock'n' Roll-Gangsters Haley» sei eine «Orgie der amerikanischenUnkultur» gewesen, der «Rheinische Merkur» sprach entrüstet von einem«Komet der Triebentfesselung».
Als Elvis Presley die Bühne betrat, ging es bergab mit Bill Haley.Ende der 60er tourte er noch einmal erfolgreich durch Europa. NachdemFreund und Saxofonist Rudy Pompilli 1976 an einer Lungenentzündunggestorben war, wollte Haley nicht mehr live auftreten. Im Mai 1980stellten die Ärzte einen Hirntumor fest. Von der Krankheit erholte ersich nicht mehr. Am 9. Februar 1981 fand ihn eines seiner Kinder totim Bett. 1987 wurde Bill Haley postum in die Rock'n'Roll Hall of Fameaufgenommen.