Beutekunst Beutekunst: Goldschatz von Eberswalde wird wieder gezeigt
Berlin/DAPD. - Schon seit Jahren ringen Deutschland und Russlandum die Beutekunst. Der Streit um die nach dem Zweiten Weltkrieg nachRussland gebrachten deutschen Kulturgüter ist festgefahren: WährendDeutschland auf das internationale Völkerrecht und eine Rückgabepocht, erklärte die russische Duma die Objekte kurzerhand zumständigen Eigentum - Rückgabe ausgeschlossen. So lange es keinepolitische Lösung gibt, bemühen sich die Museen zumindest um einenfachlichen Austausch, etwa durch gemeinsame Ausstellungen.
2007 war in Moskau und St. Petersburg bereits die Schau«Merowingerzeit - Europa ohne Grenzen. Archäologie und Geschichtedes 5. bis 8. Jahrhunderts» mit Kriegsbeutestücken aus russischenDepots gezeigt worden. Voraussichtlich Mitte 2013 nun folgt dieSchau «Bronzezeit - Europa ohne Grenzen» - ebenfalls mitkriegsbedingt nach Russland verlagerten Objekten aus den StaatlichenMuseen zu Berlin. Die Bronzezeit umfasst in Mitteleuropa etwa denZeitraum von 2.200 v. Chr. bis 800 v. Chr.
«Wir sind mitten in der Diskussion mit den russischen Kollegen,es geht im Augenblick um Details und wissenschaftliche Fragen: Wiegehen wir an die Bronzezeit ran, welche Räume werden dargestellt,wie schaffen wir eine thematische Gliederung?», sagt der Direktordes Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte, Matthias Wemhoff,im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd. «Wir kommen damit zueiner ganz intensiven fachlichen Zusammenarbeit.» Im Januar ist dasnächste Treffen mit den russischen Kollegen.
Erneut ist die Beutekunst ein wichtiges Thema der Ausstellung.«Unser Ziel ist es, möglichst viele bisher nicht sichtbare Stückeaus unserem Bestand, die in Russland lagern, zu zeigen. Und die dannauch zu verbinden mit dem Teil, der bei uns liegt, um erstmals dievollständigen Funde wieder zu zeigen», sagt Wemhoff. Zu denHöhepunkten der Schau werde der Goldschatz von Eberswalde zählen,der seit dem Krieg nicht mehr zu sehen war. Das Berliner Museum hatnur das Gefäß, in dem der Schatz aufbewahrt wurde.
Deutsche erhielten umfassend Zugang zu russischen Depots
In der Debatte um die Beutekunst ging es lange auch um dasProblem, dass Deutschland noch nicht einmal wusste, was in denrussischen Depots alles lagert. Zur Vorbereitung derBronzezeit-Ausstellung bekamen die deutschen Wissenschaftler nunjedoch Zugang zu allen Beständen der Epoche und konnten sich lautWemhoff «einen sehr guten Überblick verschaffen». «Das ist auch aufDauer für uns ertragreich.»
Auf politischer Ebene ist ein vergleichbarer Durchbruch aber nochnicht erreicht. «Das Grundproblem ist einfach noch nicht gelöst, undes ist weiterhin eine Frage der Politik, da einen Weg zu finden»,sagt Wemhoff. Dabei gehe es einerseits darum, das russischeEmpfinden ernst zu nehmen, im Zweiten Weltkrieg viel verloren zuhaben. Zugleich müsse Deutschland auf die Einhaltung völkerrechtlichverbindlicher Standards im Umgang mit Kulturgut beharren.
Der Museumsdirektor betonte: «Das ist ein singulärer Zustand, derda herrscht.» Allen Beteiligten werde das Problem aber immer stärkerbewusst. Daher sei er optimistisch: «Ich bin fest davon überzeugt,dass sich das Problem lösen lassen wird.»
Möglicherweise bringt in der Zukunft auch ein Generationenwechselin Russland einen Bewusstseinswandel und damit mehr Bewegung in diefestgefahrenen Verhandlungen. «Ich denke schon, dass bei denjüngeren Kollegen auch noch mal ein anderes Herangehen da ist», sagtWemhoff - «wenn auch Personen, für die der Krieg weiter in denHintergrund getreten ist, stärker daran beteiligt sind».
Die Ausstellung wird wie schon die Merowinger-Schau nur inRussland gezeigt werden: in der Eremitage St. Petersburg, imPuschkin Museum und im Historischen Museum Moskau. Bei einerPräsentation in Deutschland müsste die Bundesrepublik nach deutscherRechtsauffassung die Beutekunstwerke nämlich dann behalten.