Besucherrekord bei Loveparade in Dortmund
Dortmund/dpa. - Lila Perücke, coole Sonnenbrille und ein buntes Kleidchen: Doris (33) aus Oberösterreich ist zur Loveparade in Dortmund weit gereist - und gut drauf. «Es ist super», sagt sie, tanzt und nimmt einen Schluck aus ihrer Bierdose.
Zusammen mit Harry (34) und Sandra (21) ist sie am Samstagmorgen nach zehn Stunden Zugfahrt in Dortmund angekommen, um bei der Riesenparty mit elektronischer Musik unter freiem Himmel dabei zu sein.
Nach ihrem erfolgreichen Umzug von der Spree an die Ruhr im vergangenen Jahr ist die Loveparade am Samstag zum zweiten Mal durchs die «Metropole Ruhr» gezogen. Die Stadt Dortmund zählte 1,6 Millionen Besucher, so viele wie noch nie bei einer Loveparade. Den bisherigen Rekord hatte es 1999 in Berlin mit 1,5 Millionen Ravern gegeben. Veranstalter und Behörden waren am Sonntag hochzufrieden mit dem Verlauf des Festivals.
Sehen und gesehen werden: In teilweise schrillen Klamotten feierten die Techno-Begeisterten auf der gesperrten Schnellstraße B 1. Da ist ein junger Mann mit indianisch anmutendem Federschmuck auf dem Kopf und einer weißen Plüschtasche an der Schulter - und ein 41-Jähriger im schwarz-gelben Latexanzug - passend zu den Vereinsfarben des Fußballclubs Borussia Dortmund.
Oder die 20-Jährige Tine, die als schwarz gekleidetes Gothic-Girl in kniehohen Lackstiefeln mit Plateausohlen über die B 1 stolziert. Mittendrin im Zug der Hunderttausenden auf einem Rundkurs: 36 Musikwagen, sogenannte Floats, die von Clubs oder Labels finanziert werden und auf denen überwiegend leicht bekleidete Menschen den Massen zu ihren Füßen vortanzen. Auch die Stadt Dortmund schickte einen Sattelschlepper mit Musik auf die Piste.
Michel (21) aus Rosenheim mit neongrüner Hose und coolem armfreien Polyester-Shirt ist zum ersten Mal bei einer Loveparade dabei - und begeistert: «Die Leute sind total nett hier und helfen sofort.» Als er und seine Freundin am Freitagabend ankamen, suchten sie erstmal eine Disco um zu tanzen. Dort löste sich auch das Problem des noch fehlenden Schlafplatzes: «Wir haben Leute kennengelernt, die uns mit in ihre Pension genommen haben. Wir haben dann mit zehn Leuten in einem Zimmer geschlafen.» In der Nacht auf Sonntag wollten die beiden auf ein Bett verzichten und durchfeiern: Ihr Zug sollte bereits um 4.00 Uhr früh fahren.
Auch ältere Semester in Straßenkleidung kommen zur Parade. Eine 52-Jährige aus Datteln im Ruhrgebiet schlendert vor dem Start mit ihrem 54-jährigen Cousin aus Kapstadt in Südafrika über den Zugweg: «Man muss halt alles mal gesehen haben», meint sie. Neugierig gemacht hätten sie ihre erwachsenen Söhne, die früher oft zur Loveparade nach Berlin gefahren seien. Neugierig ist auch ein älteres Ehepaar aus Dortmund. Die beiden 71-Jährigen wollen sich den Umzug von einer Brücke aus ansehen. «Wir gucken, wie die Jugend heute hier feiert», meint die Frau. «Das ist ja das Schöne, die Power, die Musik. Da kann man ein bisschen mitzuckeln.»
Zahlreiche Raver reisten aus dem Ausland an, etwa aus Großbritannien, Österreich oder Spanien. Dem Dortmunder Szeneforscher und bekennenden Raver Prof. Ronald Hitzler fällt auf, dass sich «deutlich weniger Familien mit Kindern und Ältere» als in Essen die Parade anschauen. «Es ist ein Fest für Raver.» Viele Besucher wollen die Nacht durchtanzen. Zahlreiche Clubs hatten zu Partys nach dem offiziellen Ende des siebenstündigen Loveparade-Abschlusskonzerts um Punkt Mitternacht eingeladen.
Die Liste der prominenten Musiker kann sich sehen lassen: Ohne Gage bieten etwa die Discjockeys Moby, Paul van Dyk und Armin van Buuren jeweils 20 Minuten lang konzentrierte Proben ihrer Kunst. Live spielt auch das Elektronik-Duo Underworld. «Die Künstler waren hochzufrieden und möchten alle wiederkommen», sagt Cheforganisator Kersten Sattler.
Kräftige Regengüsse und strahlender Sonnenschein stehen am Samstag im Wettstreit. Die Laune der Feiernden trübt der Regen jedoch kaum. Allerdings muss die Feuerwehr am Abend einige Raver wegen Unterkühlung behandeln. «Die Loveparade existiert noch, das ist super», meint Alexandra (17) aus Köln. Daniel (17) aus Dortmund findet es «richtig geil». «Ich hätte nicht erwartet, dass es in Dortmund so wird.» Auch Boxweltmeister Wladimir Klitschko ist angetan. «Ein ganz tolles Event ist wiederbelebt worden.» Zur elektronischen Musik sagt er: «Ob ich das jeden Tag hören würde - wahrscheinlich nicht.» Er bevorzuge mehr Rock und Pop.