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Berlinale Filmfestspiele Berlinale Filmfestspiele: Rotkäppchen in Kurdistan

Von Rüdiger Suchsland 10.02.2013, 19:47
Die Schauspieler Rosa Enskat, Lars Rudolph, Wolfgang Packhäuser, Uwe Bohm und Marko Mandic zur Premiere von «Gold» auf der Berlinale. (FOTO: DPA)
Die Schauspieler Rosa Enskat, Lars Rudolph, Wolfgang Packhäuser, Uwe Bohm und Marko Mandic zur Premiere von «Gold» auf der Berlinale. (FOTO: DPA) dpa

Berlin/MZ. - Goldgelb glänzt die Leinwand während des Vorspanns und ein paar Nuggets werden gleich in der ersten Szene aus einem Flussbett gewaschen - dies wird das letzte Gold sein, das die Menschen in diesem Film zu sehen bekommen: „Gold“, Thomas Arslans erster deutsche Beitrag im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb ist ein Sehnsuchtsfilm: Formal ein Western, aber man spricht Deutsch, denn es dreht sich um einen Trupp deutscher Auswanderer, die sich im Jahr 1898 in den Norden Kanadas aufmachen, um am Klondike ihr Glück zu finden.

Sie werden, das ist früh klar, nie ankommen. Es sind Verzweifelte, die sich im Wald verlaufen, den Wagen und Packpferde verlieren, und Stück für Stück auch Mitglieder der Gruppe. Bis nur noch zwei übrig sind, die sich einer Showdown-Schießerei stellen müssen - darunter eine atemberaubende Nina Hoss, als Emily. In „Gold“ vermischt sich die „Berliner Schule“ des deutschen Autorenfilms mit John Ford, deutsche Romantik mit den Goldrauschmythen seit Jack London. An die Nibelungen kann man ebenso denken, wie an „Aguirre“, „Stalingrad“ und andere deutsche Untergangsdramen.

Ein spannender Film, und ein echter Lichtblick in einem Wettbewerb, der bislang enttäuschte. In einem Wertungsbarometer internationaler Filmkritiker erhielt kaum ein Wettbewerbs-Film bisher auch nur eine durchschnittliche Bewertung - ein desaströses Ergebnis nach den ersten Tagen. Über diesen Qualitätsmängel können auch teuer eingeflogene Stars wie Shia LaBoef und Mads Mikkelsen nicht hinwegtäuschen.

Der neben „Gold“ beste Film kam aus Chile: „Gloria“ von Sebstian Lelio erzählt von einer älteren Frau, die nach ihrer Scheidung mit ihrer Einsamkeit nicht zurechtkommt. Sie beginnt sich für Single-Partys zu interessieren und lernt so das Leben und ihre Sexualität von einer völlig neuen Seite kennen.

Gerettet wird die Stimmung von den Nebenreihen: In der Sektion „Generation“ begeisterte „Jin“ vom Türken Rega Erdem: Der erzählt von einem Mädchen, dass zunächst Mitglied einer kurdischen Guerillagruppe ist, bald aber flieht und versucht, sich allein nach Hause durchzuschlagen. Bedroht von Soldaten, notgeilen Männern, gequält von Hunger und Kälte, freundet sie sich mit den Tieren an: märchenhafter Realismus, Rotkäppchen in Kurdistan. Und im Forum, wo drei griechische Filme ein buntes Bild der Krise zeichnen, stach der kroatische Film „A stranger“ heraus: Ein surreales Drama über einen Mann, der versucht in der gespaltenen Stadt Mostar eine Beerdigung zu besuchen. In solchen Filmen bildet sich der Stilreichtum des Weltkinos mit einer Originalität ab, die man im Wettbewerb erst noch zu finden hofft.