Belletristik Belletristik: Truman Capotes erster Romanversuch

Zürich/dpa. - EinigeAufmerksamkeit ist dem Erstling, den der Verlag als deutscheErstausgabe veröffentlicht, sicher - nicht zuletzt dank des AnfangMärz gestarteten Kinofilms «Capote», für den Hauptdarsteller PhilipSeymour Hoffman mit dem diesjährigen Oscar als bester Schauspielerausgezeichnet wurde.
«Sommerdiebe» galt lange als verschollen. Noch kurz vor seinem Tod1984 gab sich Capote in einem Interview überzeugt, das Manuskript desKurzromans existiere nicht mehr. Das sei auch gut so, denn «ichwusste, ich sollte ihn lieber nicht veröffentlichen». Als dasManuskript 2004 jedoch überraschend in einem Pappkarton gefundenwurde, setzten sich die Verwalter von Capotes literarischem Nachlassüber dessen Bedenken hinweg. Denn damit eröffnete sich dieMöglichkeit, das Gesamtwerk des bedeutenden Schriftstellers zuvervollständigen.
Inhaltlich ist «Sommerdiebe» ziemlich überschaubar. Im Mittelpunktsteht die 17-jährige Grady, die den Sommer allein in New Yorkverbringt, da ihre Eltern nach Europa gereist sind. Gelangweilt vonihrem reichen Freund und auf Sinnsuche, beginnt sie eine Affäre miteinem ruppigen Parkplatzwächter, der in jeglicher Hinsicht dasGegenteil von Gradys geordneter, aber inhaltlich leeren Weltverkörpert. Die beiden leben sozial wie emotional in zwei Welten, unddies aufzuzeigen, nimmt einen Großteil der Erzählung ein. Das Endeist dramatisch, allerdings nicht überzeugend.
Truman Capote war 19 Jahre alt, als er 1943 die erste Fassung von«Sommerdiebe» schrieb. Da war es ihm offenbar wichtiger, eineGeschichte zu erzählen, als sich eingehend mit den sprachlichenMitteln zu befassen, derer er sich bediente. So strotzt «Sommerdiebe»vor unfreiwillig komischen Passagen einer manierierten, völligüberladenen Sprache: «Die Sonne, sommerspitze Pfeile abschießend,spielte mit der hellen Kupferpennyfarbe von Gradys kurzgeschnittenenHaaren, und ihr schmales, lebhaftes Gesicht, geformt aus Knochen vonfischgrätenhafter Zartheit, erglühte unter dem wehenden honiggelbenLicht.»
Capote hat «Sommerdiebe» nie zur Veröffentlichung freigegeben.Auch, wenn er wiederholt am Manuskript gearbeitet hat, erschien esihm offenbar nie gut genug. Wie weit von der Fertigstellung es seinerAnsicht nach war, lässt sich natürlich nicht sagen. Man sollte dieseEinschränkung aber stets im Hinterkopf haben, wenn man feststellt,dass «Sommerdiebe» einfach nicht die Qualität von «Frühstück beiTiffany», «Kaltblütig» oder anderen Capote-Klassikern hat. Das Buchist damit eher etwas für Fans als für Liebhaber guter Literatur.
Truman Capote: Sommerdiebe
Verlag Kein & Aber, Zürich
146 S., Euro 16,90
ISBN 3-0369-5157-1