Bayreuther Festspiele Bayreuther Festspiele: Holländer segelt im Seelenmeer
Bayreuth/dpa. - Mit einer begeistert aufgenommenen Neuinszenierung der Oper "Der Fliegende Holländer" sind die Richard-Wagner-Festspiele in ihre 92. Saison gestartet. Claus Guth inszenierte die Saga bei seinem Bayreuth-Debüt als eine Flucht in Innenwelten und schickte die Akteure im Bühnenbild von Christian Schmidt auf eine Reise ins Irreale und Fantastische.
Das Premierenpublikum, unter ihnen zahlreiche Prominente aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, feierte neben den Sängern auch den von Eberhard Friedrich geleiteten Festspielchor. Mit Marc Albrecht stand einer der herausragenden deutschen Nachwuchsdirigenten am Pult. Er trieb das Festspielorchester insgesamt zu hohem Tempo an, arbeitete aber auch Nuancen und Schärfen der Partitur klug heraus. Neben dem souveränen John Tomlinson in der Titelrolle steigerte sich Adrienne Dugger als Senta im Laufe des Abends, ohne aber bereits großen stimmlichen Glanz zu entfalten. Festspielleiter Wolfgang Wagner äußerte sich gewohnt zurückhaltend über die Inszenierung. Die Aufführung habe seine Erwartungen erund rege zum Nachdenken an, sagte der 83-jährige Enkel Richard Wagners.
Überraschend gab Wagner bereits gestern die Besetzung für die "Parsifal"-Inszenierung durch Christoph Schlingensief 2004 bekannt. Unter dem Dirigat von Pierre Boulez singt Endrik Wottrich, der Lebensgefährte von Wagners Tochter Katharina, die Titelrolle. Als Kundry gibt Michelle de Young ihr Bayreuth-Debüt, als Gurnemanz kehrt Robert Holl auf den "Grünen Hügel" zurück.
Beim Presseempfang verteidigte Festspielleiter Wolfgang Wagner die Verpflichtung des Theaterprovokateurs Christoph Schlingensief und des Filmemachers Lars von Trier für den "Ring des Nibelungen" 2006. "Ich habe in letzter Zeit nur Vorurteile gehört", sagte Wagner. Kritik, die beiden künftigen Bayreuth-Regisseure könnten keine Partitur lesen, ließ er nicht gelten. "Wie oft sehe ich Richard Wagner trotz Partiturkenntnissen des Regisseurs in einer Form, die die Musik überhaupt nicht beachtet", sagte der Festspielchef.
Erstmals wird sich die Gesellschaft der Freunde Bayreuths beim neuen "Ring" 2006 an der Finanzierung einer Neuinszenierung beteiligen. In diesem und im letzten Jahr haben die Mäzene nach Angaben ihres Vorsitzenden Karl-Gerhard Schmidt neben dem Betriebskostenzuschuss von jeweils knapp 600000 Euro jeweils rund 2,5Millionen Euro für die neue Mehrzweckhalle und die Sanierung des Orchesterprobenraumes an die Festspiele überwiesen.
Beim "Tannhäuser" am Samstagabend sorgte insbesondere Dirigent Christian Thielemann mit dem Festspielorchester für Höhepunkte. Glenn Winslade in der Titelrolle hatte dagegen einige stimmliche Probleme zu bewältigen. Die Inszenierung des Franzosen Philippe Arlaud hat im zweiten Jahr nicht an Format gewonnen. Mit "Rheingold" sollte gestern Abend "Der Ring des Nibelungen" in der Inszenierung von Jürgen Flimm in sein viertes Jahr starten. Der Premierenzyklus am "Grünen Hügel" wird am kommenden Samstag mit der Neuauflage von Keith Warners "Lohengrin"-Interpretation abgeschlossen.