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Baden-Württemberg Baden-Württemberg: Viel Wirbel um ein stilles Örtchen

Von Catherine Simon 16.09.2007, 17:03
Passanten nehmen in Plochingen (nahe Esslingen) ein von dem Künstler Tomi Ungerer gestaltetes Toilettenhäuschen in Augenschein. (Foto: dpa)
Passanten nehmen in Plochingen (nahe Esslingen) ein von dem Künstler Tomi Ungerer gestaltetes Toilettenhäuschen in Augenschein. (Foto: dpa) dpa

Plochingen/dpa. - Der Anlass fürdie ganze Aufregung war jedoch ziemlich profan: Plochingen bekam eineöffentliche Toilette. Doch keine von der Stange. Das schwäbischeStädtchen hatte extra den elsässischen Künstler und KarikaturistenTomi Ungerer engagiert, ein ganz besonderes Klo für die Stadtmitte zugestalten. Der erste Entwurf des Künstlers für das stille Örtchenstieß jedoch auf herbe Kritik in der 14 000-Seelen-Gemeinde. Eineneue Idee musste her.

Am Samstag hob sich der Vorhang dann endlich im Kreis Esslingen.Zum Vorschein kam ein dunkelgrüner Würfel mit gemalten Fabelwesen aufden Wänden, schmalen Wasserbecken am Boden und einem Zierfries ausrosafarbenen Toilettensitzen. Ungerer präsentiert damit nach denWorten von Bürgermeister Eugen Beck eine «märchenhafte, kindlicheFacette seiner Kunst». In einer humorigen Rede zeigte sich derBürgermeister stolz, neben dem Hundertwasser-Haus nun auch noch einenechten Tomi Ungerer «inmitten unserer Stadt» zu haben. Das habe nichtjeder.

Der Jubel war groß, die Freude auch. Doch bis es soweit kommenkonnte, gab es lange Diskussionen. Die Stadt hatte Ungerer bereits imJahr 2005 beauftragt, eine Toilette für die Innenstadt zu entwerfen.Der 75-jährige Künstler plante zunächst einen weißen Bau mit Fröschenauf den Seitenwänden und einem Kuppeldach in Form eines großen,rosaroten Hinterteils. «Übung macht den Meister» sollte über der Türdes Kunst-Klos stehen. Einige muslimische Bürger fühlten sich dadurchjedoch in ihren religiösen Gefühlen verletzt. Das Häuschen erinnere«an eine Moschee mit Kuppel oder ein Mausoleum für verstorbenemuslimische Heilige», wie in einem Leserbrief an eine lokale Zeitungzu lesen war. Außerdem steht das Klo nicht nur in Sichtweite desHundertwasser-Turms, sondern auch direkt vor der kleinen Kirche.

«Das hat das Dorf gespalten», meinte eine Anwohnerin. Aberimmerhin wäre der ursprünglich geplante Po ein echter «Hingucker»gewesen. Wenn man schon so viel Geld ausgebe, dann hätte es auchetwas Besonderes sein müssen. Wie viel das neue stille Örtchen nungenau gekostet hat, will Bürgermeister Beck nicht verraten. Etwa80 000 Euro habe die Stadt bezahlt, das seien zehn Prozent mehr alsein normales Toilettenhäuschen koste. Alles Weitere sei von Sponsorengetragen worden, sagte Beck. Der Künstler war trotz starkerRückenschmerzen extra angereist, um den Plochingern «viel Spaß beiihren neuen Sitzungen» zu wünschen.

Auch andere Plochinger hätten lieber den ersten, etwas gewagtenEntwurf behalten. Heidemarie Kuligovsky sitzt im Kulturausschuss derStadt und war von Anfang an von der Idee begeistert: «Mir tut es sehrleid, dass der erste Entwurf schlechtgemacht wurde. Ich fand ihngenial.» Auch der aus Plochingen stammende Wolfgang Beck hätte dasPopo-Klo besser gefunden: «Ich finde es bedenklich, dass eine kleineGruppe solch massiven Druck ausüben kann und sich so gegen dieMehrheit durchsetzt.»

Ungerer selbst wollte jedoch niemanden verletzen, sondern nurseinen Spaß haben. Er selbst sei ein «spiritueller Mensch» und habegroßen Respekt vor allen Religionen. Der Künstler sagte, seineursprüngliche Idee der «Arschitektur» sei zwar besser gewesen, aber«hätte ich realisiert, dass das Klo direkt vor der Kirche steht,hätte ich gezögert, den Arsch direkt davor zu stellen.»