Axel Prahl Axel Prahl: Glücklich sein und singen

berlin/MZ - Nein, die Frage, wie er mit seiner Popularität umgeht, muss nicht gestellt werden - sie wird vom Leben selbst beantwortet: „Sind Sie nicht der Schauspieler Axel Prahl aus dem ,Tatort‘“?, will ein jüngerer Mann wissen. Schon hat er sein smartes Notebook aufgeklappt und drückt es dem Interviewer in die Hand. „Darf ich ein Foto haben?“, fragt er noch, „hier müssen Sie drücken“, erklärt er flink und sitzt auch schon auf dem Stuhl neben Prahl.
Der lässt den Überfall freundlich zu, das Foto wird gemacht, der Mann zieht hoch beglückt von dannen. Jetzt wird er der Held in seinem Büro sein, jedenfalls für einen Tag. Und das italienische Restaurant in der Greifswalder Straße am Prenzlauer Berg in Berlin wird vielleicht ein paar neue Gäste gewinnen, die darauf hoffen, den Filmstar einmal leibhaftig zu sehen.
Viele Jahre am Theater
Gut sieht er aus, entspannt und salopp verpackt in einer sandfarbenen Reporterweste. Man darf ihn sich wohl als einen glücklichen Menschen vorstellen. Er tut, was ihm Freude macht - als Schauspieler. Und nun auch noch singend. „Ich habe auch viel Glück gehabt“, sagt Prahl. Und dann verrät er seinen Erfolgstrick: „Man sollte sich die Dinge, die man tut, zur Freude machen. Denn wenn etwas Spaß macht, strengt es auch nicht an.“
Gelernt hat er das am berühmten Berliner Grips-Theater, wo er jahrelang auf der Bühne stand und den Beweis für die Richtigkeit der These gleich praktisch bestätigt bekam: „Der Spaß, den man selber an der Arbeit hat, überträgt sich auch auf das Publikum.“ Nun, da er nicht mehr Theater spielt, holt er sich bei Konzerten den direkten Kontakt. „Blick aufs Mehr“ heißt Prahls erstes Album, mit dem er gerade auf seine zweite Open-Air-Tournee durch Deutschland geht. Am Samstag wird er in der Rosenarena in Sangerhausen erwartet.
Aber wie ist das eigentlich mit dem Gesang: Stellt er den Punkt auf dem „I“ dar, oder ist die Musik das, was Prahl eigentlich immer am liebsten machen wollte? Beides scheint richtig zu sein. Mit acht Jahren bekam er seine erste Gitarre, mit 13 träumte er davon, eine Platte aufzunehmen. Doch daraus wurde nichts, damals fehlten die Mittel, auch die musikalischen.
Die Musik als Versuchung
Inzwischen ist Prahl 53 Jahre alt, er hat seine berufliche Laufbahn mit einem Musiklehrer-Studium begonnen, das er aber abbrach für seine zweite große Leidenschaft: die Schauspielerei. Zugleich war die Musik aber immer noch eine Versuchung, in Hamburg traf Prahl Olaf Casalich, den Schlagzeuger der gerade aufgelösten Folk-Band Ougenweide. Gemeinsam (und durchaus erfolgreich) versuchten sie sich mit einer Combo namens Impuls, die immerhin die Aufmerksamkeit bei den Machern der damals führenden Popwelle NDR 2 fand. Aber irgendwann musste Prahl sich entscheiden: Musik oder Theater? So ging die Sängerkarriere erst einmal zu Ende, auch wenn er weiter Lieder schrieb, die er viele Jahre später aus der Schublade holen würde - nun, da er nicht mehr auf der Bühne steht und zwischen den Filmarbeiten ein bisschen mehr Zeit als damals am Theater hat.
Und wieder war ein bisschen Glück dabei, findet Prahl. Glück, dass sich der Produzent und Arrangeur Danny Dziuk der sehr persönlichen Songs angenommen hat. Glück, dass das Babelsberger Filmorchester zur Verfügung stand und Dziuks schöne Streicherarrangements in die Tat umsetzen konnte.
Freilich ist das Lieder-Singen noch einmal ein anderes Geschäft als die Schauspielerei, räumt Prahl ein. Da muss er „weiter aufmachen“, sich mehr in die Karten schauen lassen, damit das Gefühl des Songschreibers auch wirklich bei den Hörern ankommt. Und ein Gespür dafür, wie er damals als Junge in Neustadt an der Ostsee tatsächlich am Strand hockte, aufs Meer schaute und seine ersten Stücke auf der Gitarre geklimpert hat.
Im Konzert wird er davon erzählen, wird eigene Stücke und Lieder seiner Helden spielen. Zwei Sänger sind ihm besonders wichtig dabei, annähernde Altersgefährten. Und beide sind schon seit Jahren tot: Rio Reiser und Gerhard Gundermann. Für „Gundi“ hat er gemeinsam mit seinem Freund, dem Regisseur Andreas Dresen, im Jahr 2008 in der Berliner Columbiahalle bei einem Tributkonzert gesungen, das Publikum war hin und weg.
Nur eines wird es nicht geben, so oft man ihn auch fragt: ein gemeinsames musikalisches Projekt mit seinem Krimipartner Jan Josef Liefers. Vielleicht mal ein Intermezzo, aber nicht mehr: „Das haben Krug und Brauer zur Genüge ausgekostet“, sagt Prahl, „das muss man nicht noch einmal machen.“
Freundlich und liebenswürdig
Und weil wir gerade über den „Tatort“ reden, den Prahl und Liefers nur sparsam bedienen: Das ist so gewollt, oder? Prahl lacht: „Willst Du gelten, mach Dich selten“, sagt er. Und dass es ihm unheimlich geworden sei, als die ARD damit begann, die Krimis während der Woche reihum in den Dritten Programmen zu wiederholen.
„Das ist der Tod“, habe er gedacht und komplett daneben gelegen: „Es führte zum Gegenteil“, der „Tatort“-Kult fing erst richtig an, die Fangemeinde trifft sich in Kneipen zum gemeinsamen Gucken, ein Ende scheint nicht in Sicht.
Und was tut Axel Prahl noch, wenn er sich nicht als Kommissar Thiel mit dem schnöseligen Boerne in Münster herumschlagen muss, wenn er nicht auf der Bühne steht und sich die Seele aus dem Leib singt? Unlängst hat er die Kafka-Verfilmung „Der Bau“ abgedreht, Regie führte der oscarprämierte Jochen Alexander Freydank („Spielzeugland“), eine Produktion mit Herzblut und einem winzigen Budget, wie es bei deutschen Filmen nicht selten der Fall ist.
Gegenwartsstoffe wie in dem wunderbaren, heiter-melancholischen Film „Du bist nicht allein“ von Bernd Böhlich, in dem Prahl und Katharina Thalbach brillierten, oder in den Streifen von Andreas Dresen sind freilich selten, sie liegen nicht auf der Straße.
In den Chefetagen der Filmwirtschaft meint man zudem, „wenn ich den Alltag sehen will, kann ich ja auch aus dem Fenster schauen, dafür muss ich nicht ins Kino gehen“. Prahl schüttelt den Kopf.
Für den Kafka-Film hat er übrigens 500 Euro Gage bekommen, sagt der Schauspieler. „Aber wir hatten zu essen und zu trinken“, fügt er hinzu und lacht. Freundlich und liebenswürdig sitzt er da im Sonnenschein an der Greifswalder Straße. Man muss ihn einfach gern haben. Und auf der Bühne erleben. Zum Beispiel in Sangerhausen.
Das Konzert in der Rosenarena in Sangerhausen beginnt am Samstag um 20 Uhr.
Die MZ verlost fünf Mal zwei Karten, Interessenten mailen bitte bis Dienstagbend, 27. Juli, unter dem Kennwort „Prahl“ an: [email protected]