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Ausstellung Ausstellung: Mao trifft Madonna auf Dresdens Brühlscher Terrasse

Von ANDREAS MONTAG 31.10.2008, 19:42

DRESDEN/MZ. - Knappe Mittel

Wie es zu dieser nicht alltäglichen Kooperation kam, gleicht indes einem Krimi mit glücklichem Ausgang. Sehnsüchtig hatte der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden vor ein paar Jahren die Versteigerung von Gerhard Richters berühmtem Gemälde "Tante Marianne" verfolgt. Dass die Mittel seines Hauses wohl nicht ausreichen würden, um den Zuschlag zu erhalten, war ihm klar.

Es folgte eine Spurensuche, Roth wollte nicht lockerlassen: Immerhin ist "Tante Marianne" ein Bild von zentraler Bedeutung - für Richter wie seine Geburtsstadt Dresden: Es zeigt den Künstler als Baby auf dem Schoß seiner 14-jährigen Tante Marianne, gemalt nach einem Foto aus dem Jahr 1932. Marianne Schönfelders tragische Geschichte hat der Journalist Jürgen Schreiber öffentlich gemacht.

Wenige Jahre, nachdem die Aufnahme entstanden war, wurde die junge Frau, bei der Schizophrenie diagnostiziert worden war, zwangssterilisiert und fiel 1945 der Euthanasie zum Opfer. Die Operation führte jener Arzt durch, der sechs Jahre zuvor Gerhard Richter auf die Welt geholfen hatte. Und der Verantwortliche für die Massensterilisationen in Dresden wurde später der Schwiegervater des Künstlers: ein Horrortrip in das Tollhaus der deutschen Geschichte... Richters Gemälde aber war von Pierre T. M. Chen für seine Kollektion erworben worden, im vergangenen Jahr gab er es als Dauerleihgabe nach Dresden. Und nun ist es natürlich Teil der Ausstellung, deren poppiger Titel das Anliegen der Yageo Foundation auf den Punkt bringt: Westliche und asiatische Kultur, einander als Fremde geltend, sollen sich durch die Sprache der Bilder gegenseitig entdecken.

Der Sammler, Chef eines international operierenden Elektronikunternehmens, hat schon als Student damit begonnen, Kunst zu sammeln - zunächst nur aus Taiwan und China, später auch aus dem Westen.

Dies hatte mit der Entdeckung zu tun, dass viele der asiatischen Modernen den Brückenschlag nach dem Westen im vorigen Jahrhundert längst vollzogen, die Einflüsse namentlich Europas aufgenommen und mit ihrer eigenen Tradition konfrontiert hatten. Einige dieser hier weniger bekannten Künstler kennenzulernen, ist von ebenso großem Reiz wie der spannungsvolle Kontrast, in dem sie zu "Schwergewichten" des Westens stehen - darunter Georg Baselitz, Andreas Gursky, Anselm Kiefer, Gerhard Richter, Cy Twombly und Andy Warhol.

Sehnsucht nach Schönem

Die Auswahl der gezeigten Werke folgt den Vorstellungen von Pierre T. M. Chen, der über die Motive seines Sammelns und die Kriterien, nach denen er Bilder kauft, in Dresden schlicht sagt: Die emotionale Berührung sei für ihn das Entscheidende, nicht der Name des Künstlers, nicht der Preis des Bildes.

Und so kann man neben der Freude über den Anblick selten zu sehender (oder niemals gesehener) Großwerke wie der furiosen Kiefer-Gemälde "Dein Goldenes Haar Margarethe" und "Leviathan" auch eine Beruhigung mit nach Hause nehmen: Die Sehnsucht nach dem Schönen ist eine bindende Kraft. Und manchmal kann aus der Not tatsächlich eine Tugend werden, wenn man nur Mut hat und die richtigen Leute trifft.

Bis zum 11. Jan., Lipsiusbau, Brühlsche Terrasse, täglich außer Mo., 10-18 Uhr