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Ausstellung Ausstellung: Kirche zu DDR-Zeiten in Eisenhüttenstadt

Von Steffi Prutean 17.08.2005, 15:00
Im Museum im brandenburgischen Eisenhüttenstadt befestigt am Mittwoch (17.08.2005) der Kurator der Ausstellung «Kirche in der ersten sozialistischen Stadt Deutschlands», Axel Drieschner, ein Teil eines Rundfensters der evangelischen Kirchenbaracke von Stalinstadt (heute Eisenhüttenstadt) aus dem Jahr 1954 vor einem Fenster des Museums. (Foto: dpa)
Im Museum im brandenburgischen Eisenhüttenstadt befestigt am Mittwoch (17.08.2005) der Kurator der Ausstellung «Kirche in der ersten sozialistischen Stadt Deutschlands», Axel Drieschner, ein Teil eines Rundfensters der evangelischen Kirchenbaracke von Stalinstadt (heute Eisenhüttenstadt) aus dem Jahr 1954 vor einem Fenster des Museums. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Eisenhüttenstadt/dpa. - Rund 100 historische Fotos sowie Objekte, Ton- undFilmdokumente erinnern an die schweren Zeiten kirchlicher Arbeit inder 1950 gegründeten Stadt. Die Kirche sei dort nicht erwünschtgewesen, ihre Arbeit behindert worden, sagte Kurator Axel Drieschneram Mittwoch. Die Präsentation wird an diesem Sonntag (21.8.) inAnwesenheit des EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber,eröffnet.

Zur Grundsteinlegung der Wohnstadt des Eisenhüttenkombinates Ostmachte DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht keinen Hehl daraus,Türme sollten in der Modellstadt nur Rathaus und Kulturhaus tragen.Für «bürgerlich-kapitalistische Verdummungseinrichtungen» - damitmeinte Ulbricht Kirchen - war kein Platz, wie der Kurator sagte. Dievier Gemeinden behalfen sich über Jahrzehnte mit Provisorien.

Die Stadtkirche von Fürstenberg (Oder), der Ort gehört jetzt zuEisenhüttenstadt, hatte den Krieg nur als Ruine überstanden.Protestanten und Katholiken trafen sich deshalb in einem Missionszeltund Baracken.

Gehörten im Gründungsjahr der DDR 1949 mehr als 90 Prozent derBürger der christlichen Religion an, waren es 1989 rund 30 Prozent,in Eisenhüttenstadt nur acht Prozent, sagte Drieschner. Nach einemAnnäherungsprozess von Kirche und Staat konnten die Protestanten einGemeindezentrum als Pilotprojekt des Sonderbauprogramms «Kirche fürneue Städte» mit Westgeld errichten und 1981 einweihen.

Eisenhüttenstadt erhielt 1952 den Titel «Erste sozialistischeStadt Deutschlands», hieß danach Stalinstadt, ehe sie wiederEisenhüttenstadt umbenannt wurde. In der Modellstadt sollten auchreligiöse Alltagsriten keinen Platz mehr haben. Für Taufe, Trauungund Bestattung erfanden die Machthaber eigene Zeremonien:Namensweihe, Eheschließung und Beerdigung auf sozialistische Art.Konfirmation und Firmung wichen der immer populärer werdendenJugendweihe.

Dazu zeigt die Ausstellung Plakate, Jugendweihe-Bücher,Propaganda-Broschüren. Ein besonderes Dokument sei eine ArtRichtlinie, mit der die neuen sozialistischen Inhalte vermitteltwerden sollten, sagte Drieschner. «Sie sind in einer Deutlichkeit zulesen, die sonst vermieden wurde.» Das Papier gelangte in den Westenund sorgte dort für Aufruhr.

Unter den Exponaten befindet sich eine Kirchentruhe ausFürstenberg aus dem 14. Jahrhundert und liturgisches Gerät. DieAusstellung erinnert auch an den engagierten Pfarrer Heinz Bräuersowie das Schicksal von Pfarrer Reinhard Gnetter. Er war auchkommunalpolitisch aktiv und wurde wegen Spionage zum Tode verurteiltund 1951 in Moskau hingerichtet.

Die Schau mit dem Titel «Kirche in der "Ersten sozialistischenStadt Deutschlands"» ist bis 30. Oktober zu sehen. Sie ist Teil derVeranstaltungsreihe «1000 Jahre Christentum - Kulturland Brandenburg2005».

(Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10.00 bis 17.00 Uhr, Samstagund Sonntag 13.00 bis 17.00 Uhr)