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Archäologie Archäologie: Ausstellung in Dresden zeigt Sex im Wandel der Zeiten

05.10.2005, 06:34
Auf einem Mischgefäß aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. ist ein Liebespaar dargestellt. Die Leihgabe aus dem Berliner Antikenmuseum gehört zu den Exponaten der neuen Sonderausstellung «100.000 Jahre Sex, Über Liebe, Fruchtbarkeit und Wollust». (Foto: dpa)
Auf einem Mischgefäß aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. ist ein Liebespaar dargestellt. Die Leihgabe aus dem Berliner Antikenmuseum gehört zu den Exponaten der neuen Sonderausstellung «100.000 Jahre Sex, Über Liebe, Fruchtbarkeit und Wollust». (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Dresden/dpa. - In Dresden wurde sie um zahlreiche Objekte erweitert. Die Ausstellung im Japanischen Palais ist bis 8. Januar täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Über den ersten Beischlaf der Menschheitsgeschichte ist wenig bekannt. Im paradiesischen Sündenfall von Adam und Eva ging es bekanntermaßen mehr um Erkenntnisdrang. In der Steinzeit wurde die «schönste Sache der Welt» dagegen nachweislich zum großen Thema. Zumindest sind bei Figuren aus jener Zeit die Geschlechtsmerkmale überdimensional gestaltet. «Der Sex istso alt wie der Mensch. Wir sind der lebende Beweis dafür», sagt der Dresdner Archäologe Christian Gliwitzky.

Auch wenn sich am Liebesakt nur wenig geändert haben dürfte, zeugt der Umgang mit dem «Thema Nummer 1» von stetigem Wandel. Als der Homo sapiens Europa eroberte, entstanden die ersten erotischen Gegenstände - zunächst Frauenstatuetten mit üppigen Brüsten und nicht minder ausladenden Hüften. «Ob es um realistische Darstellungen oder Wunschvorstellungen ging, bleibt unklar», sagt der Forscher.

Rund 250 Exponate aus 60 Museen europäischer Länder wurdenzusammengetragen, um die Geschichte der Sexualität zu illustrieren.In der Abteilung «Sex in der Vorgeschichte» ist unter anderem derAdonis aus dem sächsischen Zschernitz zu sehen. Die rund 7000 Jahrealte Tonfigur mit Penis wird einem Bruchstück aus der gleichenGrabung zugeordnet, das vermutlich die Beine einer nach vorngebeugten Frau darstellt. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass er sievon hinten penetriert hat. Wenn das so wäre, hätten wir eine derersten Darstellungen des Geschlechtsaktes», meint Gliwitzky.

Beim «Sex in der Griechischen Antike» geht es eindeutig zur Sache.Prostitution, Päderastie, Homosexualität und Sexorgien - die AltenGriechen hatten weit mehr als Philosophie im Sinn. «Von dieser Epochean gab es Sex unabhängig von Fortpflanzung und Fruchtbarkeit», sagtder Archäologe. Die Knabenliebe habe als Erziehungsideal gegolten.Der Liebhaber sollte den Geliebten in die Erwachsenenwelt einführen.Zeus war den Griechen ein Idol. Der stets potente Göttervater konntees in jeder Position - selbst als Schwan oder Stier.

Das auf Vasen und Trinkgefäßen abgebildete männliche Glied - vonden Griechen Phallos genannt - avancierte zum Symbol der Manneskraft.Der Phallosvogel - eine Art Penis mit Flügeln - gab der «Sache ansich» den Namen: Vögeln. Sex wurde fortan als Vergnügen angesehen.Allerdings blieben Konventionen bestehen. Darstellungen ehelicherLiebe waren tabu. Als Zeugnis für die Nachwelt «vögelten» dieGriechen in allen Lagen nur mit Prostituierten.

Die Römer gingen gleichfalls offen mit Sex um, wenn auch nicht soausschweifend. «Liebe und Sex sind dort bodenständiger, sachlicher,vielleicht auch prosaischer», sagt Kurator Gliwitzky. Grafitti ausBordellen in Pompeij belegen den offenen Umgang mit Sex. Offiziellhatte diese Freizügigkeit bald ein Ende. Das Christentum formulierteenge Moralvorstellungen, die sich in der kirchlichen Praxis späternicht selten als Doppelmoral erwiesen. Dichter wie Giovanni Boccaccionahmen den lüsternen Priester gern aufs Korn.

Exponate zum «Sex im Mittelalter und der Neuzeit» beschließen dieSchau. Die ersten Kondome aus dem 16. Jahrhundert sind genauso zusehen wie der deformierte Schädel eines Syphilis-Kranken oderhölzerne Dildos aus dem 18. Jahrhundert. Gliwitzky hält dieEingrenzung auf Europa und die Zeit bis zum 19. Jahrhundert fürnotwendig. Alles andere hätte den Rahmen gesprengt.

Die figürliche Vase aus Herculaneum aus dem 1. Jahrhundert mit symbolhafter Darstellung des männlichen Penis ist eine Leihgabe aus dem Museo Archeologico Nazionale in Neapel. (Foto: dpa)
Die figürliche Vase aus Herculaneum aus dem 1. Jahrhundert mit symbolhafter Darstellung des männlichen Penis ist eine Leihgabe aus dem Museo Archeologico Nazionale in Neapel. (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild