Anne-Sophie Mutter Anne-Sophie Mutter: Ein Leben auf der Bühne

München/dpa. - Als Zwölfjährige brillierte sie mitTartinis «Teufelstriller-Sonate « und Bachs «Chaconne». Ein Jahrspäter kommt es zu dem entscheidenden Treffen mit dem DirigentenHerbert von Karajan, der zu ihrem großen Förderer wird. Die begnadeteMusikerin feiert am 23. August bei den Festspielen in Luzern ihrBühnenjubiläum - mit Mozarts Violinensonaten und ihrem langjährigenKlavierbegleiter Lambert Orkis.
Vor dem Treffen mit Karajan hatte das kleine Mädchen aus dembadischen Rheinfelden die Sommerferien genossen und insgeheim dieHoffnung gehegt, der danach fällige Termin möge sich in Luftauflösen: ein Vorspiel beim größten lebenden Dirigenten der Welt. DerTermin löste sich nicht in Luft auf, bezeichnete vielmehr den zweitenStartpunkt der steilsten internationalen Musikerkarriere derNachkriegszeit: Die 13-jährige Anne-Sophie Mutter betrat dieWeltbühne.
«Ich bin nicht gut im Rückblicken», sagt die Geigerin und lacht.Dennoch versucht sie, sich zurückzufühlen in ihr damaliges Befindenin Luzern. «Ich bin mir nicht sicher, ob ich es überhaupt alswichtiges Konzert empfunden habe», meint sie. «Vielleicht hat es mirmeine kluge Lehrerin Aida Stucki erspart, mir seine Bedeutung invollem Umfang zu zeigen, dieses Bewusstseinsfenster zu öffnen.»
Vieles in ihrem Leben habe nach außen hin sensationell gewirkt,was ganz einfach Teil eines organischen Entwicklungsprozesses gewesensei, sagt Anne-Sophie Mutter. Sie ist intelligent und schnell,originell und präzise, hat Humor und Witz, was vielleicht alles mitihrer außergewöhnlichen Musikalität zusammenhängt. Gab es je denZwang zu üben? «Die Frage des Übenwollens oder -müssens hat sich niegestellt. Ich habe nicht jeden Tag geübt, das war auch nichtnotwendig, aber» - ein Innehalten, Nachdenken, Lachen - «immerrechtzeitig - offensichtlich!»
Bereits mit Fünf begann sie mit dem Klavierspiel, wünschte sichaber Geigenunterricht und wusste auch schon, dass sie Solistin werdenwollte. 1970 gewann sie, sechsjährig, bei «Jugend musiziert» gleichzwei erste Preise: für das vierhändige Spiel mit ihrem älteren BruderChristoph am Klavier und als Geigerin mit «besonderer Auszeichnung»,der höchsten Wertung, die bei diesem Wettbewerb je vergeben wurde.
Unter der strengen und behutsamen Anleitung ihrer Lehrerin und mitdem mächtigen Förderer Karajan erobert Anne-Sophie Mutter die Bühnendieser Welt, konzertiert mit allen berühmten Orchestern undDirigenten. Sie wird weltweit gefeiert, ihre Auftritte werden mit denhöchsten Auszeichnungen belohnt, ihre Platten erzielen bis dahinungekannte Verkaufsrekorde.
Sie ist eine energische Person und energisch schützt sie ihrePrivatsphäre, vor allem die ihrer zwei Kinder. Man kann nur ahnen,dass der Tod ihres ersten Mannes, des Münchner Rechtsanwaltes DetlefWunderlich, ein schwerer Schlag für sie gewesen sein muss. Heute istsie mit dem amerikanischen Komponisten, Dirigenten und PianistenAndré Previn verheiratet, mit dem sie auch musikalisch viel gemeinsammacht.
Geigerin, Dirigentin, Mäzenin: Sie rief eine Stiftung ins Leben,die junge Streicher fördert und unterstützt und sie entwickelte einmusikalisches Früherziehungsprogramm, das an mehreren bayrischenKindergärten und Schulen ausprobiert und mittlerweile als Buchherausgegeben wurde. Wie geht jemand wie sie mit Kritik um? «Ichkönnte gar nicht alles lesen», bekennt sie, «und genauso halte ich esauch. Sehe ich die Kritik, lese ich sie, sehe ich sie nicht, bin ichauch nicht unglücklich.» Die Kritik von Kollegen allerdings nehme siesehr ernst.

