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Abschied von Else Kling Abschied von Else Kling: «Lindenstraße» ohne «Sodom und Gomerra»

24.05.2006, 19:29
Else Kling (Annemarie Wendl) möchte nur allzu gern wissen, wer Helga Beimer (Marie-Luise Marjan) so aufopferungsvoll Liebesbriefe schreibt... (Foto: dpa)
Else Kling (Annemarie Wendl) möchte nur allzu gern wissen, wer Helga Beimer (Marie-Luise Marjan) so aufopferungsvoll Liebesbriefe schreibt... (Foto: dpa) WDR Handout

Hamburg/dpa. - Das bestgehütete Geheimnis der Fernsehrepubliklagert zur Zeit beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) in Köln. Erst amSonntagabend wird pünktlich um 18.50 Uhr das Sendeband von Folge 1069(«Abschied und Ankunft») der populären Endlosserie «Lindenstraße»eingeschoben, aus dem hervorgeht, wie Hausdrachen Else Kling,gespielt von Annemarie Wendl, ihren Serientod stirbt. Die 91-jährigeDarstellerin, seit Beginn am 8. Dezember 1985 als kantigeHausmeisterin und Poltergeist gleichermaßen geliebt wie gehasst,nimmt aus gesundheitlichen Gründen ihren Abschied.

Annemarie Wendl wird ihren eigenen Serientod, über den nur wenigeEingeweihte wie Produzent Hans W. Geißendörfer Bescheid wissen, zuHause vor dem Fernseher miterleben. An ihrer Seite wird Tanja Baressitzen, eine Dokumentarfilmerin, die den Film «Annemarie Wendl - einLeben mit der Lindenstraße» gedreht hat, der am selben Nachmittag um15.40 Uhr im WDR-Fernsehen zu sehen ist. Wendl wird diesen Beitragnicht im TV sehen können, weil sie keinen Kabel- oderSatellitenanschluss hat. Aber Tanja Bares wird ihr exakt zur selbenZeit eine DVD mit dem Film vorspielen.

Wendl, die zuletzt 2005 einen Schlaganfall erlitten und mehrereLungenentzündungen zu verkraften hatte, ist zur Kultfigur geworden.«Mir fiel die Entscheidung furchtbar schwer», sagt die Münchnerin.«Aber meine gesundheitlichen Probleme und mein Alter zwingen michdazu. Ich kann einfach nicht mehr. Ich habe Probleme mit dem Laufen,habe unglaublich viel abgenommen und bin dadurch nicht in der Lage,regelmäßig zwischen meinem Wohnort München und dem Drehort Köln zupendeln.»

Produzent Geißendörfer habe entsetzt reagiert, schildert dieSchauspielerin. «Den Serientod habe ich mit ihm durchgesprochen, undgemeinsam haben wir dann das Ende konzipiert», so Wendl. «Es wird einwürdiger und ergreifender Abschied - so viel ist sicher. Wie ElseKling letztendlich stirbt, bleibt aber das süße Geheimnis von HerrnGeißendörfer und mir.» Die Else sei kein Teil von ihr, dazu seien siezu verschieden. Wendl: «Sie hat mir aber zu einer Popularitätverholfen, wie ich sie mir in den kühnsten Träumen nicht erhoffthabe. Und das in einem Alter, in dem die meisten schon im Ruhestandsind.»

Die Fans haben sich auch schon organisiert. So wird der Kölner«Lindenstraßen»-Fanclub in der Gaststätte «Wundertüte» mit WendlsFilmsohn Olaf (Franz Rampelmann) eine kleine Party veranstalten. ImInternet herrschte Chatter-Hochkonjunktur mit Wehklagen: Else KlingsSchimpfkanonade «Sodom und Gomerra», gemeint ist Sodom und Gomorrha,«ist aus meinem Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken», schrieb eineKerstin. «Schneidi» schrieb, dass er «der Else» immer eine Mausefalleim Briefkasten wegen ihrer ständigen Verletzung des Briefgeheimnissesgewünscht habe. Die «Lindenstraße» ohne Else Kling sei so ähnlich wie«Dallas» ohne J.R., murrte Serienfan Manuela.

Trotz aller organisatorischen Schwierigkeiten, die Geißendörfermit Wendl zu regeln hatte, bedauert er ihren Ausstieg: «Sie hat eineEnergie, die sie auch dann noch auf die Bühne tragen würde, wenn sieschon halb im Himmel angekommen sein sollte», sagt der Produzent.«Natürlich gibt es keine zweite neue Else. Aber die Funktion dieserFigur, ähnlich wie dem Clown bei Shakespeare, werden wir variiertbeibehalten.» Ihr Tod bleibt am Sonntag zunächst nur den Zuschauernvorbehalten: Sohn Olaf und seine Frau Ines (Birgitta Weizenegger)bekommen nichts von der Tragödie, die sich daheim abspielt, mit, dennsie haben am Himmelfahrtstag eine kleine Ausfahrt gemacht. Gefundenwird Else Kling erst eine Woche später.

Hat Annemarie Wendl künftige Pläne? «Auf jeden Fall werde ichSonntag für Sonntag die "Lindenstraße" weiterschauen. Ich muss dochwissen, was mit den Leuten passiert.»