Abschied Abschied: Charles Aznavour sagt «Adieu»
Essen/dpa. - Und selbst Aznavour scheint am Endeseines fast zweistündigen Konzerts ein bisschen bewegt: Handküssewirft er, lässt seine Augen über die voll besetzten Reihen schweifenund sagt knapp auf Französisch: «Wir hatten schöne Momente, Dankefürs Kommen.»
Als «Das letzte Konzert!» ist die Essener Vorstellung bei derFarewell Tour 2006 des französischen Weltstars angekündigt, aber müdewirkt Aznavour an diesem Abend nun wirklich nicht. Beifall umrauschtund ohne Pause stimmt er über 20 seiner großen Hits an.
Die Ikone des französischen Chansons kommt ganz in schwarzgekleidet auf die Bühne. Zierlich und klein steht er am Bühnenrand,singt mit warmer, voller Stimme einen Welterfolg nach dem anderen:«She», «La bohème», «Emmenez-moi», «Comme ils disent» oder «Jem'voyais déjà». Hier dirigiert der Sänger das Publikum: Eine kleineGeste nur und der Saal klatscht im Takt, ein Fingerzeig und es wirdstill.
Der scheinbar alterslose 81-Jährige macht aus jedem seiner Liederein kleines Schauspiel. Der Künstler mit dem schlohweißen Schopftänzelt energiegeladen über die Bühne, gibt stolpernd denBetrunkenen, illustriert den Text mit lässigen, kleinen Gesten, wipptin den Knien. Und zieht sein Programm zügig durch: Noch im Verbeugenfür den Applaus gibt er den Einsatz für das nächste Lied. SiebenMusiker und zwei Sängerinnen begleiten Aznavour durch sein Programm.Mit jeder der beiden blonden Damen singt er ein Duett und lässt ihnendann, ganz Kavalier, den Applaus.
Sein ganzes Leben hat der in Paris geborene Sohn armenischerEltern im Umfeld der Bühne verbracht. Die Anfänge waren mühsam, seineStimme erhielt das Attribut «undankbar», sein Stil alsschauspielernder Sänger kam zunächst überhaupt nicht an. Doch seitüber 50 Jahren wird er in Konzertsälen auf der ganzen Welt gefeiertfür seine lyrischen, zynischen, romantischen und schwungvollenChansons.
Nach einer Stunde spricht Aznavour erstmals seine Zuhörer direktan. «Ich singe nicht Playback», erklärt er auf Englisch undkokettiert: «In meinem Alter - in drei Monaten werde ich 82!» Zwarklettert der Entertainer bei seinem Konzert immer wieder mal aufeinen erhöhten Regiestuhl, aber lange hält es ihn dort nicht. Auf denStuhl hingefläzt singt er im Sprechgesang einen seiner größten Hits:«Tu t'laisses aller» - Du lässt Dich gehen - die frustrierte Suadaeines Mannes über seine nachlässig gewordene Ehefrau.
Vier Tage hintereinander hat Aznavour jeden Abend vordeutschsprachigem Publikum gastiert - am Freitag in Hamburg, dannWien, Frankfurt/Main und zuletzt Essen. Am Ende seiner Farewell Tourwirkt er nicht so, als habe er genug von der Bühne. Auch seineAgentur kann nicht hundertprozentig bestätigen, ob der Abschieddefinitiv ist. Auftritte seien für Aznavour ein Lebenselixier, sagteeine Sprecherin.