80. Geburtstag 80. Geburtstag: Udo Jürgens in acht Schlagern
Siebzehn Jahr, Blondes Haar, (1965)
Schwelgende Geigen, ein schwarzer Rollkragenpullover und Halleffekte voller Pathos: Nie war der deutsche Schlager näher am französischen Chanson als in diesem Frühwerk von Udo Jürgens. Und so schnell wie die schöne Fremde lächelnd vorüber schwebt, ist auch das Lied zu Ende. War am Ende alles nur ein schöner Traum? (KoM)
Ein ehrenwertes Haus (1975)
Hier leben lauter Spießer, die ihre Kinder vernachlässigen, verhindern, dass Schwarze einziehen und den Schlafrock ausziehen, wenn der Gasmann kommt. Und diese feine Hausgesellschaft mokiert sich darüber, dass jemand in „wilder Ehe“ lebt – ein schöner Begriff aus den 70er Jahren, deren aufrührerischen Geist Udo Jürgens mit dem Pathos des sozial engagierten Paarreimers aufgreift. Dass er für die wirklich kritischen Geister dieser Epoche damit längst offene Türen einrannte, wen störte es? In der Welt des Schlagers darf man ruhig zu spät kommen, ohne dass einen das Leben bestraft. (F.O.)
Griechischer Wein (1974)
Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund – als Udo Jürgens das Thema anstimmte, sang er auch in eigener Sache. Als Österreicher hat er in Deutschland ein ertragreiches Arbeitsfeld gefunden. Genauso wie die Griechen, mit denen er ein paar Strophen lang in einer Kneipe zusammensitzt: „Sie sagten sich immer wieder: Irgendwann geht es zurück. / Und das Ersparte genügt zu Hause für ein kleines Glück.“ Dazu wird ein besonderer Tropfen ausgeschenkt: „Griechischer Wein ist so wie das Blut der Erde.“ Eine der kräftigsten Zeilen im an kräftigen Zeilen reichen Lieder-Corpus des Sängers. (M.Oe.)
Aber bitte mit Sahne (1976)
Das Konditorei-Pendant zu „Yeah, Yeah, Yeah“ ist „Aaahh ooojehh“ – mit dieser Wendung beschließt Udo Jürgens die beiden ersten Zeilen jeder Strophe. Klingt, als habe hier jemand ganz gehörig auf die Sahne gehauen. (KoM)
Mit 66 Jahren (1978)
Die Debatte um die alternde Gesellschaft, die mittlerweile allenthalben geführt wird, hat Udo Jürgens schon 1978 loszutreten versucht. Seine Vision eines aktiven Pensionärsdasein, wonach also mit 66 Jahren noch lange nicht Schluss sei („Oho, oho, oho“), ist unsere Gegenwart. Und Jürgens selbst lebt es vor: Mit 80 Jahren geht er auf Tournee – und singt nicht im Stadtpark, wie das Lied formuliert, sondern in den größten Hallen. Im November auch in Köln. (M.Oe.)
Vielen Dank für die Blumen (1981)
Um als Sänger unsterblich zu werden, kann es nicht schaden, einen Ohrwurm für eine Kindersendung zu verfassen. In dieser Kategorie wird die Ode auf Tom & Jerry allenfalls von Karel Gotts „Biene Maja“ ausgestochen – auch wenn es nicht für die Vorabendserie geschrieben wurde und nur gerade so eben jugendfrei ist. In der zweiten Strophe verliebt sich jemand unsterblich in eine Frau, die sich gleich darauf als Mann entpuppt. Gut, dass im Fernsehen nur der Refrain zu hören war. (KoM)
Ich war noch niemals in New York (1982)
Ich war schon ein Dutzend Mal in New York. Ich bin in zerrissenen Jeans durch San Francisco gelaufen. Und auch wenn ich noch nie auf Hawaii war, habe ich schon Tage allein auf Stränden gelegen, die eigentlich viel zu schön für eine einzige Person sind. Dennoch singe ich gern mit, wenn zu später Stunde „Ich war noch niemals in New York“ gespielt wird. Der Song mag fast ruhig und zärtlich sein, seine Botschaft ist so kraftvoll, als nähme einen Bruce Springsteen mit auf die „Thunder Road“. (pet)
Liebe ohne Leiden (1984)
Nein, Jenny Jürgens ist keine begnadete Sängerin, dennoch hätte es bei „Liebe ohne Leiden“ für Udo Jürgens keine andere Duett-Partnerin geben können. Ein Vater-Tochter-Lied über Aufbruch und Abschied. Melancholisch und zweifellos kitschig, aber es fängt eben auch perfekt den Moment ein, in dem beide Seiten merken, dass die Eltern nicht mehr die wichtigsten Menschen im Leben ihres Kindes sind. Interessant ist dieses Lied auch vor dem Hintergrund, dass Jürgens einräumen musste, seinen Kindern zu wenig Zeit geschenkt zu haben. (amb)