37. Leipziger Jazztage 37. Leipziger Jazztage: Ein Abend wie Champagner - Carla Bley begeistert

Leipzig/MZ - Am Ende schrie ein Mädchen nach Champagner und alle Anwesenden wären sofort bereit gewesen, jede notwendige Summe für ein paar Riesenflaschen einzusammeln. Nein, das Leipziger Opernhaus wurde am Sonnabend nicht zum sonnenüberfluteten Weingut umfunktioniert. Schon gar nicht, weil draußen alles grau in grau war. Das Abschlusskonzert der 37. Leipziger Jazztage hatte gerade seinen Höhepunkt erreicht.
Die 75 Jahre alte Carla Bley, immer noch mit einer Modelfigur unterwegs, präsentierte ihr Lebenswerk aus fast fünf Jahrzehnten Jazzgeschichte, an denen sie eifrig mitgeschrieben hat. Alles andere als grau und grau und bloße Routine. Erfrischend und zauberhaft war es, wie bester Champagner eben. „The Girl who cries Champagne“, eines ihrer bewegendsten Stücke, stand auf dem Programm.
Zart und liebevoll umspielt
Carla Bley erfindet sich natürlich im Jahre 2013 nicht mehr neu. Wozu auch, sie muss niemandem mehr etwas beweisen. Ebensowenig wie ihr Lebenspartner Steve Swallow mit seiner unnachahmlich singenden Bassgitarre. Ebensowenig wie Andy Sheppard am Tenor- und Sopransaxofon, der sich ideal in dieses Trio fügt. Die drei spielen dann auch die altbekannten Carla Bley-Songs, die in keiner Plattensammlung fehlen dürfen.
Und doch, mittendrin, ganz plötzlich und unvorbereitet, werden fremde Felder beackert. Salt Peanuts, dem legendären Klassiker aus der Feder von Dizzy Gillespie, entstanden in den Anfangstagen des Bebop der späten 40er Jahre, wurde neues Leben eingehaucht. Zart und liebevoll umspielt, zauberhaft eben.
Das Carla Bley-Trio, ebenso Saxofon Star Joshua Redman am Tag zuvor, haben Leipzig und Jazz dorthin geführt, wo es das immer zahlreiche und im Schnitt erstaunlich jugendliche Publikum haben will. Auf vertraute Pfade, geradlinig und schnörkellos. Zuvor gab es an insgesamt zehn Festival-Tagen auf elf mehr oder weniger geeigneten Bühnen viel Experimentelles, dem gestandene Jazzmusiker ein wenig zwanghaft mit der Annäherung an Richard Wagner und Frank Zappa Halt geben sollten. Am ehesten gelungen ist das noch dem Posaunisten Mike Svoboda mit seinen 14 Versuchen, Wagner lieben zu lernen. Versuche freilich durch die Hintertür der Parodie. Friedrich Nietzsche musste da als Kronzeuge herhalten, einige Zappa-Anleihen eingeschlossen.
in bisschen viel verlangt das alles, weil auch unvermittelt zwischen anderen Programmpunkten angesiedelt. Mut hatten die Macher der Leipziger Jazztage in ihrem Bemühen, etwas ganz Eigenständiges präsentieren zu wollen. Vieles war am Ende ein wenig zu viel des Guten. Zum Glück gab es Carla Bley, die alles zu einem zauberhaften Ende führte.