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100. Geburtstag Riefenstahls 100. Geburtstag Riefenstahls: Justiz ermittelt wegen Holocaust-Leugnung

22.08.2002, 09:28
Filmregisseurin Leni Riefenstahl
Filmregisseurin Leni Riefenstahl dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Gegen die umstrittene Regisseurin LeniRiefenstahl, die am Donnerstag ihren 100. Geburtstag beging, wirdwegen des Verdachts der Holocaust-Leugnung ermittelt. Die FrankfurterStaatsanwaltschaft habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagteder Sprecher der Behörde, Job Tilmann, am Donnerstag der dpa. Erbestätigte damit eine entsprechende Mitteilung des gemeinnützigenVereins Rom in Köln, der nach eigenen Angaben den «Schutz derRomaflüchtlinge und der deutschen Roma und Sinti» zum Ziel hat.

Der Verein hatte Strafantrag gegen Riefenstahl gestellt. Die wegenihrer NS-Propagandafilme umstrittene Regisseurin habe behauptet, siehabe «alle Zigeuner, die in (ihrem Film) «Tiefland» mitgewirkt haben,nach Kriegsende wiedergesehen. Keinem einzigen ist etwas passiert».Dies sei ein «infame Lüge», so der Vorwurf des Vereins Rom.

Nach Aussage einer ehemaligen «Zigeuner-Komparsin» vom «Tiefland»-Film und Überlebenden des Holocaust habe Riefenstahl Anfang der 40erJahre rund 120 Sinti und Roma aus den NS-Lagern Maxglahn und Marzahnals Zwangsarbeiter für die Dreharbeiten zu dem Film missbraucht. Diemeisten seien von den Nationalsozialisten in Vernichtungslagernermordet worden oder seien an den Haftbedingungen zugrunde gegangen.

Wie der Verein Rom mitteilte, habe der zuständige Staatsanwalt perAnordnung verfügt, dass Riefenstahl zu den Vorgängen gehört werde.Dazu gab es von der Staatsanwaltschaft zunächst keine Bestätigung.

Die ehemalige «Zigeuner-Komparsin» hatte erst vor einer Woche vonRiefenstahl eine Unterlassungserklärung erwirkt, nach der dieFilmemacherin ihre umstrittenen Behauptungen über den «Tiefland»-Filmnicht mehr aufstellen darf. Vertreter des Vereins Rom hatten zudemeine Geste der Wiedergutmachung von Riefenstahl gefordert.

Riefenstahl hatte bereits nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfevor zwei Wochen in einer Stellungnahme die Verfolgung und das Leidbedauert, «das Sinti und Roma während des Nationalsozialismus habenerleiden müssen». Ihr sei «heute bewusst, dass viele von ihnen inKonzentrationslagern umgekommen sind».

Die 100-Jährige gilt als eine der widersprüchlichstenKünstlerpersönlichkeiten des vergangengen Jahrhunderts. Zu ihrenumstrittenen Filmen zählen «Triumph des Willens» über den NSDAP-Parteitag 1934 und «Olympia - Fest der Völker - Fest der Schönheit»über die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Riefenstahl betrachtetbeide Werke als Dokumentarfilme, während Kritiker sie ungeachtetästhetischer und handwerklicher Qualitäten als NS-Propagandafilmebewerten.