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Youtube-Star Youtube-Star: Johann Beurich macht Mathe zu Musik

Von Antonie Städter 25.03.2017, 10:00
Das WG-Zimmer in Dresden ist gleichzeitig Drehort: Hier entstehen Johann Beurichs Mathe-Videos.
Das WG-Zimmer in Dresden ist gleichzeitig Drehort: Hier entstehen Johann Beurichs Mathe-Videos. Andreas Stedtler

Dresden - Boah, krass, da war ich voll schlecht drin!“ Ein Satz, den Johann Beurich schon häufiger gehört hat. Dann nämlich, wenn der 23-Jährige erzählt, was er studiert: Mathe. „Solche Reaktionen war ich schon zu Schulzeiten gewöhnt. Vielen war das unbegreiflich, wie man Mathe spannend finden kann.“

Ihm aber geht das bis heute so, und wenn man den Dresdner Studenten nach der Faszination dieses Hassfaches vieler fragt, dann klingen die Sätze des sonst eher nüchternen jungen Mannes fast schon schwärmerisch. „Ich mag das Universelle daran, und die vielen Zusammenhänge: Wenn man einen kleinen Schritt verinnerlicht hat, entdeckt man ihn an anderen Stellen wieder.“ Mathematik, „das ist wie ein Rätsel zu lösen“, meint er. „Und ein schöner Beweis ist wie ein Kunstwerk.“

Nun, die Begeisterung teilt er wie gesagt mit eher Wenigen. Und doch sind Johann Beurichs Mathe-Videos im Internet ein Hit. Denn darin rappt er, zum Beispiel auf Youtube, unter dem sächsischen Pseudonym „DorFuchs“ Mathe-Formeln - quasi für genau jene, die das alles nicht unbedingt so faszinierend finden.

Und das klingt dann, begleitet von einer eingängigen Melodie auf der Gitarre, etwa so: „Klammer auf, a plus b, Klammer zu, ins Quadrat, ist gleich a-Quadrat plus zwei a b plus b-Quadrat.“ Haben Sie’s erkannt, welches Mathe-Thema hier besungen wird? Es sind die binomischen Formeln, beziehungsweise eine davon: (a+b)²=a²+2ab+b². Immer wieder werden sie im Refrain wiederholt, so dass selbst Unkundige nach ein-, zweimal Hören lässig mitsummen können: „Klammer auf, a plus b...“. Dazu liefert der Mathe-Fan aus Radebeul, der in einer WG in seinem Studienort Dresden lebt, die Herleitung als Sprechgesang gleich mit.

Die binomischen Formeln in zwei Minuten und 23 Sekunden erklärt - da staunen auch so manche Lehrer. Nicht nur das: Von eben jenen werden seine Lieder, die etliche Mathe-Themen - vom Satz des Pythagoras bis zu linearen Funktionen - behandeln, auch im Unterricht genutzt, wie er regelmäßig erfährt. „Einige schreiben mir, zum Beispiel, dass sie die Videos gerne verwenden, um ein Thema aufzufrischen und dass diese Art der Vermittlung die Schüler anspricht.“ Vor allem sind es aber die Schüler selbst, die seine Songs anklicken. „Viele suchen gezielt nach Erklärungen für Stoff, der gerade in der Schule behandelt wird.“ Nachhilfe in Noten also.

Seit mehr als fünf Jahren macht Johann Beurich die Mathe-Videos bereits, fast täglich erreichen ihn Kommentare von Schülern, berichtet er. „,Du hast mein Abi gerettet’, habe ich schon häufiger gehört“, sagt der Master-Student lächelnd, der für seine Idee bereits für den Grimme Online Award nominiert gewesen ist. Mit fast zwei Millionen Klicks ist sein Lied zu den binomischen Formeln aus dem Jahr 2013 sein erfolgreichstes. „Es ist ja auch die erste große Formel in den Mathe-Lehrplänen“, kommentiert er das. Doch: „Eigentlich machen mir Songs zu komplexeren Themen wie Partialbruchzerlegung oder Polynomdivision viel mehr Spaß, weil sie natürlich eine größere Herausforderung sind“, erzählt der Mathe-Rapper, der stets nach der besten Erklärung sucht, wie er sagt.

„Wenn ich diese im Kopf habe, teste ich erst einmal, indem ich es anderen so erkläre, ob sie wirklich so gut ist“, beschreibt er seine Vorgehensweise. „Dann formuliere ich sie aus und schreibe alles in Reimform auf. Teils habe ich mit dem Refrain schon die Melodie im Kopf“, ergänzt Beurich. In seinem WG-Zimmer nimmt er die Videos auf. „Mit der Zeit habe ich mir professionelles Audio- und Video-Equipment zugelegt“, so der Radebeuler, der die Musik als seine zweite Leidenschaft bezeichnet. Klavier hat er an der Musikschule gelernt, sich das Gitarrespielen selbst beigebracht. „Percussion-Instrumente und Schlagzeug spiele ich ebenfalls gern.“ Dieses Musik-Faible habe auch damit zu tun, dass er christlich aufgewachsen ist. „In der Familie und der Gemeinde haben wir viel Musik gemacht und gesungen.“ Mathe und Musik - in den Videos kommt beides zusammen.

Manchmal wird es auch kurios, wenn er etwa die unendliche Zahl Pi bis zur 200. Kommastelle auswendig lernt und dann zum Besten gibt, während er mit einem Fußball jongliert. Eine Woche habe er dafür gelernt, etwa 20 Mal gedreht - ein Spaß, denn: „Ich mag es, ein bisschen ans Limit zu gehen.“ Für manchen klingt all das sehr strebsam. Ist er aber nie gewesen, sagt Beurich. Er habe zwar immer Noten von Gut bis Sehr Gut gehabt, „aber die hatten nie oberste Priorität, sondern immer die Begeisterung für die Sache“.

Bleibt die Frage: Wäre nicht Mathelehrer der perfekte Beruf für ihn? Er winkt ab. „Die Schulmathematik wäre mir zu wenig.“ Im Herbst beendet Johann Beurich sein Master-Studium. Und wird wohl nicht in die Wirtschaft oder Wissenschaft gehen, sondern wahrscheinlich Vollzeit-Youtuber werden und sich ganz auf Projekte wie die Mathe-Videos konzentrieren. „Da man an den Werbeeinnahmen entsprechend der Klicks beteiligt wird, könnte das klappen“, sagt er. Und das Wichtigste: „Da hätte ich die meiste Freiheit.“