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Wohnen Wohnen: Darum funktioniert die Mietpreisbremse nicht richtig

Von Stephan Kaufmann 17.05.2016, 13:23
Eigentlich sollte die Mietpreisbremse den rasanten Anstieg der Mieten stoppen.
Eigentlich sollte die Mietpreisbremse den rasanten Anstieg der Mieten stoppen. dpa

Berlin - Die Debatte um die Mietpreisbremse ist wieder voll entbrannt. Seit fast einem Jahr gibt es das „Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten“. Mieter erhoffen sich eine Entlastung ihrer Budgets. Doch eine neue Studie belegt: Die Bremse bremst kaum. So sind in Berlin die Mieten im Durchschnitt 31 Prozent höher als zulässig, fand das Forschungsinstitut Regiokontext im Auftrag des Berliner Mietervereins heraus. Die Studie ist laut Regiokontext zwar noch in Arbeit, der Berliner Mieterverein ist sich jedoch bereits sicher: „Seit der Einführung der Mietpreisbremse hat sich nichts geändert, das wird diese Studie auch beweisen“, sagte sein Geschäftsführer Reiner Wild. Nun wird eine Verschärfung des Gesetzes gefordert.

 

Greift die Mietpreisbremse?

Offensichtlich nicht so richtig. Bereits Anfang Mai hatte Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) geklagt: „Die bremsende Wirkung hat noch nicht so eingesetzt.“ Ähnliche Meldungen gibt es aus Hamburg und München. Nun hat das Forschungsinstitut Regiokontext in Online-Portalen aktuelle Wohnungsangebote für Berlin gesammelt und die Angaben mit dem Mietspiegel der jeweiligen Wohnviertel verknüpft. Ergebnis: Vermieter verlangen vielfach mehr als zulässig, im Durchschnitt liegen die Mieten 31 Prozent zu hoch.

 

Warum greift die Mietpreisbremse nicht richtig?

Der Deutsche Mieterbund sieht dafür verschiedene Gründe: So müssen Vermieter bei Verstoß gegen die Mietpreisbremse keinerlei Sanktionen fürchten. Insgesamt scheuen Mieter im angespannten Wohnungsmarkt die Konfrontation mit dem Vermieter.

 

Was erlaubt die Mietpreisbremse?

Wer als Eigentümer künftig eine bestehende Wohnung neu vermieten will, darf dafür nicht mehr jeden Preis verlangen. Vielmehr darf die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Wie hoch diese Vergleichsmiete ist, lässt sich den jeweiligen Mietspiegeln entnehmen.

 

Welche Ausnahmen gibt es?

Die Mietpreisbremse hat drei Schlupflöcher: Sie gilt grundsätzlich nicht für Neubauten. Hier dürfen die Vermieter weiterhin so viel Miete verlangen, wie sie am Markt durchsetzen können. Damit soll sichergestellt werden, dass der Wohnungsneubau durch die Preisbremse nicht unterbleibt. Ein Neubau im Sinne des Gesetzes ist eine Wohnung oder ein Wohnhaus, die erstmals nach dem 1. Oktober 2014 genutzt und vermietet werden. Zweite Ausnahme sind umfassend sanierte Objekte. Hier greift die Mietpreisbremse bei der ersten Vermietung nach der Sanierung nicht. Als umfassend gilt eine Sanierung, wenn mehr als ein Drittel der Mittel aufgewendet wurde, die ein vergleichbarer Neubau gekostet hätte. Dritte Ausnahme: Wer als Vermieter für seine Wohnung bereits vor Einführung der Bremse einen Mietzins verlangte, der mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, darf die bisherige Miete bei Wiedervermietung weiter verlangen.

 

Wo gilt die Mietpreisbremse?

Die Bundesländer legen fest, wo sie die Mietpreisbremse anwenden wollen. Möglich ist dies in Gebieten mit „angespannten Wohnungsmärkten“. Ob ein Wohnungsmarkt als „angespannt“ gilt, bemisst sich an den Indikatoren Bevölkerungsentwicklung, Leerstandsquote, Mietenentwicklung und Mietbelastung. Vielerorts ist die Bremse eingeführt worden, so zum Beispiel in Berlin und im Berliner Umland, in Hamburg, Köln, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Bad Homburg, Darmstadt und im Stadtgebiet Bremen. Einige Bundesländer warten noch ab: Sachsen-Anhalt, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.

 

Wie können sich Mieter wehren?

Wer mehr Miete zahlt, als die Mietpreisbremse zulässt, kann die Differenz zurückverlangen oder die zu viel verlangte Miete einbehalten. Zuvor muss er allerdings den Vermieter informieren und begründen, warum die verlangte Miete unzulässig hoch ist. Seine Rechte gegenüber dem Vermieter muss er  selbst wahrnehmen und sollte sich gegebenenfalls an einen Anwalt oder Mieterverein wenden.

 

Was fordern die Mietervereine?

Der Mieterbund verlangt eine Verschärfung der Mietpreisbremse. So sollen Strafen gegen Vermieter in das Gesetz aufgenommen werden. Auch müsse klargestellt werden, dass Vermieter überhöhte Mietzahlungen vom ersten Tag an erstatten müssen und nicht erst ab einem Zeitpunkt, nachdem der Mieter die überhöhte Miete gerügt hat.

 

Was tut die Politik?

Berlin will mit Hamburg und Nordrhein-Westfalen eine Bundesratsinitiative zur Verbesserung der Regelung starten. Berlins Stadtentwicklungssenator Geisel will unter anderem, dass Vermieter künftig bekannt geben müssen, welche Miete der Vormieter zahlte. Bisher müssten sie erst dann Verträge vorlegen, wenn es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Auch die Opposition fordert eine Nachbesserung der Mietpreisbremse: „Wir fordern Heiko Maas auf, die Ausnahmen zu streichen und die Auskunftsrechte der Mieterinnen und Mieter zu stärken“, sagte Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik  der Grünen. Das Bundesjustizministerium sperrt sich zwar nicht gegen eine Nachbesserung des Gesetzes, will aber erst eine Auswertung im Jahr 2017 abwarten.