Wenn Pete Doherty absagt - Schadensersatz für Konzertkarten
München/dpa. - 78 Euro für Justin Timberlake, bis zu 115 Euro für das Musical «Dirty Dancing»: Konzertkarten sind teuer. Wer so viel zahlt und dann nichts sehen kann oder bis 0.30 Uhr warten muss, ist sauer. Erstattet bekommt er sein Eintrittsgeld aber nur selten.
«Der Eindruck trügt nicht: Die Preise sind in den vergangenen Jahren gestiegen», sagt Michael Russ, Präsident des Verbands der Deutschen Konzertdirektionen (VDKD) in München. Höhere Kosten bei den Künstlerhonoraren und der Miete am Veranstaltungsort seien der Grund.
Da ist es umso schlimmer, wenn der teure Eintritt zu einem frustrierenden Konzertabend führt: Kommt zum Beispiel eine Krankenschwester pünktlich zum Konzertbeginn um 20.00 Uhr, muss das nicht heißen, dass die Musiker dann auch anfangen. Und wenn sie um 5.00 Uhr zum Frühdienst antreten muss, die Vorband aber erst um Mitternacht fertig ist, erhält sie ihr Geld trotzdem nicht zurück.
«Ich kann in solchen Fällen zwar nach Hause gehen, muss dann aber für eine Erstattung des Eintritts nachweisen, dass das Konzert erst viel später angefangen hat», erläutert der Rechtsanwalt Jens Rambau aus Köln. «Und ich muss nachweisen, dass ich nicht mehr ausharren konnte», fügt der Experte für Vertragsrecht hinzu. Der Knackpunkt ist die so genannte Verkehrsüblichkeit: «Rockkonzerte fangen immer spät an.» Erstattungen bei einem verspäteten Beginn sind daher selten.
Wird die Veranstaltung auf einen anderen Tag verlegt, sind Besucher nicht verpflichtet, den neuen Termin anzunehmen: Sie erhalten dann ihr Geld zurück, heißt es beim VDKD. Pete Doherty etwa zog mit seiner Band Babyshambles im vergangenen Jahr viel Ärger auf sich. Erst sagte er ein Konzert ab, dann wurde die Deutschland-Tour um fast drei Wochen verschoben. Doch nicht jeder Berufstätige kann umplanen.
Das wissen die Gerichte. Gut stehen Fans immer da, wenn Künstler den Abend ganz absagen. Dann erhalten sie ihr Geld zurück, heißt es beim VDKD. Abzuwägen ist aber, ob ein Anspruch auf Schadensersatz für Fahrtkosten oder eine Hotelbuchung besteht. «Da gibt es mittlerweile gute Chancen, etwas wieder zu bekommen», erläutert Rambau. Die Aufwendungen müssten aber «vernünftig und notwendig» sein.
Formal belangen Konzertgänger in solchen Fällen nicht den Künstler, sondern den lokalen Veranstalter. «Ist das Problem eine Krankheit von Robbie Williams, muss sich der Veranstalter das Geld bei ihm wiederholen», erklärt Rambau. Der Kunde habe Anspruch auf Erstattung. «Schauen Sie mal auf die Konzertkarte. Da steht immer eine ganze Latte von Allgemeinen Geschäftsbedingungen drauf», rät Markus Saller, Jurist bei der Verbrauchzentrale Bayern in München.
In der Auseinandersetzung um das Gefallen der Veranstaltung wird hingegen weniger kundenfreundlich entschieden: «Wenn ich finde: 'Das war ja nur Gekrächze', habe ich keine Ansprüche.» Denn der Künstler schulde dem Besucher nur die Dienstleistung an sich, erklärt Rambau.
Anders liegt der Fall bei einer Platzkarte im Musical: Nach Einschätzung von Jens Rambau ist je nach Fall eine Minderung von 20 bis 80 Prozent des Eintrittspreises möglich, wenn Besucher kurzerhand auf einen anderen Platz verwiesen werden, an dem möglicherweise ein Stützpfeiler die Sicht versperrt.
Wird bei einem Abend mit zum Beispiel vier Bands eine davon ausgetauscht, muss eine Frage geklärt werden: «An sich müsste es wegen Nichterfüllung von Seiten des Veranstalters Schadensersatz geben», sagt Jens Rambau. Wichtig sei aber, ob der Künstler ein «wesentlich prägender Umstand» für das Konzert sei, erläutert der VDKD. Fällt im Rahmen eines dreitätigen Festivals eine Band aus der zweiten Reihe aus, entstehen daraus keine Ansprüche. «Beim Headliner ist das aber etwas anderes.»