Weltspartag in der Krise noch wichtiger
Köln/Berlin/dpa. - Es sind viele Schweine dabei. Etwa 200 von ihnen lagern im Geldgeschichtlichen Museum der Kreissparkasse Köln, schätzt Hildegard Keller - sie hegt auch die Sammlung der historischen Sparschweine.
Schon die alten Ägypter und Griechen hätten in speziellen Behältern Geld gespart. Und unter den modernen Exponaten findet sich selbst der Kölner Dom - das Geld werfen Sparer in einen Schlitz zwischen den Türmen.
Der Klassiker ist aber das Schwein: Früher galten diejenigen Bauern, die Schweine hielten, als reich. Sie konnten es sich leisten, die Tiere zu mästen und nach der Schlachtung auf einen reich gedeckten Tisch zu blicken, erzählt Keller. Sparschweine und Plüschtiere, aber auch Werbung für Anlageprodukte erwarten die Besucher von Sparkassen und Bankfilialen am 30. Oktober. Dann ist in diesem Jahr Weltspartag - zum 85. Mal.
Erstmalig ausgerufen wurde er im Jahr 1924, am letzten Kongresstag des Ersten Internationalen Sparkassen-Treffens in Mailand. Es war die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, von weltpolitischen Umwälzungen und vor allem in Deutschland auch von finanzieller Instabilität. Deshalb sollte der Tag das Bewusstsein für das Sparen schärfen - jeweils am 31. Oktober eines Jahres. Weil das Datum in Deutschland schon mit dem Reformationstag besetzt ist, findet der Weltspartag hierzulande immer am letzten Bankarbeitstag davor statt.
Das Thema Sparen ist dabei in diesem Jahr so aktuell wie selten. Die Folgen der Banken- und Finanzkrise beschäftigen die deutsche Volkswirtschaft wie kein anderes Thema. Manchen erinnert die Situation sogar an die Zeit, in der zum ersten Mal der Weltspartag begangen wurde. Wer angesichts dessen aber denkt, die Deutschen seien Weltmeister im Sparen, liegt falsch. Selbst in Europa liegen sie nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) in Berlin auf dem vierten Platz: Mit einer Sparquote von 10,8 Prozent im Jahr 2007 folgten sie hinter der Schweiz, Frankreich und Österreich.
Laut dem Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in Berlin waren es 2008 allerdings 11,2 Prozent - und damit sparten die Deutschen - gemessen am verfügbaren Einkommen - so viel wie seit 1995 nicht mehr, heißt es in einer Analyse zum Weltspartag. Der Verband sieht die Krise als Auslöser für stärkeres Sparen in den Haushalten. Das Vermögen in Aktien und Fonds sei im Krisenjahr 2008 um 300 Milliarden Euro zurückgegangen, aufgrund von Kursverlusten und Verkäufen.
Ein Klischee stimmt: «Innerhalb Deutschlands sparen die Schwaben am meisten», sagt DSGV-Sprecherin Michaela Roth. Ihr zufolge ist eine noch höhere Sparquote wünschenswert, weil die Bundesbürger mehr Geld für Energieversorgung und für die private Altersvorsorge zurücklegen sollten. Deshalb werben die Sparkassen, dass der Weltspartag nichts an Aktualität verloren habe. Einer der Schwerpunkte des Thementages sei zum Beispiel, Kinder an den verantwortungsvollen Umgang mit Geld heranzuführen.
Auch Martin Weber, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Mannheim, hält einen speziellen Tag als Gedächtnisstütze für grundsätzlich sinnvoll - wenn auch aus anderen Gründen: «Ich plädiere für einen Welt-Anlage-Entscheidungs-Tag.» Was der normale Bürger bräuchte, wäre eine Hilfe, wann er wie viel in seinem Leben sparen und ausgeben möchte. «Es geht darum, wann wir das können und gleichzeitig unsere Altersvorsorge sichern.»
Das sollten ihm zufolge nicht nur Banken und Sparkassen leisten, sondern auch unabhängige Stellen wie Verbraucherzentralen, Universitäten oder Ministerien. Es gehe vor allem um grundlegende Prinzipien. «Das wichtigste sind 'Oberweisheiten', wie ich sie nenne. Wenn ich Geld anlege, gilt zum Beispiel, dass mehr Rendite mehr Risiko mit sich bringen muss.» Maxime zwei laute: «Du kannst nicht besser sein als der Markt, also keine deutlich höhere Rendite als der Rest bekommen.» Und drittens: «Achte auf die Kosten.»
Das Erziehen zum Sparen über die Ausgabe von Plüschtieren hält Weber für nachrangig. Viel wichtiger als das Sparen an sich sei es, sich zu fragen: «Warum spare ich? Denn was ist Sparen anderes als der Konsumverzicht heute für den Konsum von morgen?», formuliert der Forscher. Und er fügt hinzu: «Nicht dass ich spare, ist wichtig - sondern wann ich wie viel spare.» Und das gelte vor wie nach der Krise.
Wer im Geldgeschichtlichen Museum seine Münzen in das richtige Schwein wirft, weiß das. Hildegard Keller hat zum Beispiel klare Vorlieben unter ihren Exponaten: «Meine persönlichen Lieblingsstücke sind die alten Blechspardosen, wo eine Nettigkeit herauskommt, wenn man Geld herein wirft - Schokolade oder Kaugummi.» Das ist lehrreich - jeden Tag.