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Waffen Zigaretten und Erotikfirmen Waffen Zigaretten und Erotikfirmen: Mit Sünden-Aktien lässt sich viel Geld verdienen

Von Sebastian Wolff 14.06.2015, 20:37
In Waffenkonzerne, Glücksspielunternehmen oder in Erotikfirmen zu investieren, kann sich lohnen. Eine aktuelle Studie untermauert diese Aussage.
In Waffenkonzerne, Glücksspielunternehmen oder in Erotikfirmen zu investieren, kann sich lohnen. Eine aktuelle Studie untermauert diese Aussage. imago/Hoffmann Lizenz

Im Leben gibt es vieles, das zwar legal, aber ethisch und moralisch eigentlich nicht in Ordnung ist. Leider sind das oft gerade die Dinge, die am meisten Spaß machen – oder die einem selbst die meisten Vorteile bringen. Und das gilt im Prinzip auch für die Geldanlage: Wer ethisch korrekt anlegt, muss sich in der Regel mit bescheidenen Erträgen zufrieden geben. Wer dagegen in Waffenkonzerne, in Hersteller von hochprozentigen alkoholischen Getränken, in Zigarettenproduzenten, Glücksspielunternehmen oder in Erotikfirmen investiert, kann sich Hoffnung auf überdurchschnittlich hohe Gewinne machen.

Und das gilt im Prinzip auch für die Geldanlage: Wer ethisch korrekt anlegt, muss sich in der Regel mit bescheidenen Erträgen zufrieden geben. Wer dagegen in Waffenkonzerne, in Hersteller von hochprozentigen alkoholischen Getränken, in Zigarettenproduzenten, Glücksspielunternehmen oder in Erotikfirmen investiert, kann sich Hoffnung auf überdurchschnittlich hohe Gewinne machen.

Eine aktuelle Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse und der London Business School untermauert diese Aussage: Die Autoren der Studie haben die Kursentwicklung eines ethisch sauberen Fonds, mit einem „Sündenfonds“ verglichen. Stellvertretend für das Gute wählten sie den Vanguard FTSE Social Index Fund, der nur in Unternehmen investiert, die bestimmte soziale und ethische Kriterien erfüllen. Die Rolle des Bösewichts bei der Geldanlage fiel dem Vice Fund zu – auf Deutsch: Laster-Fonds. Dieser Fonds der US-Fondsgesellschaft USA Mutuals investiert vor allem in Rüstungskonzerne, Zigaretten- und Alkoholhersteller sowie in Casino-Betreiber.

Krisensichere Geschäfte

Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Der „böse“ Vice Fund schlug den „guten“ Vanguard Social Index Fund um Längen. So hätte ein Anleger, der im Jahr 2002 für 10 000 Dollar Anteile des Vice Funds kaufte, daraus bis Anfang dieses Jahres 33 655 Dollar gemacht. Er hätte damit auch besser abgeschnitten als der S&P 500-Index, der praktisch den ganzen US-Aktienmarkt abbildet. Wer stattdessen zum gleichen Zeitpunkt für 10 000 Dollar Anteile des Social Index Fund investierte, hätte daraus bis Anfang 2015 nur 26 788 Dollar gemacht – das ist weniger als der S&P 500 zulegte.

So ungerecht also ist die Börsenwelt. Doch woran liegt es eigentlich, dass ausgerechnet die Spekulation mit der Sünde so vielversprechend ist? Einen wichtigen Grund sieht Vermögensverwalter Frank Wieser von der PMP Vermögensmanagement Donner & Reuschel in Luxemburg darin, dass solche Branchen kaum Beschränkungen unterworfen seien.

Der Pharmabereich, die Nahrungsmittelindustrie oder die Banken hätten wesentlich höhere regulatorische Auflagen, weil sie volkswirtschaftlich bedeutend seien. „Glücksspiel, Alkohol oder Erotik sind für die Höhe des Bruttosozialproduktes dagegen nicht besonders relevant“, erklärt Wieser. „Außerdem müssen solche ,Sündenunternehmen’ auf weitere Befindlichkeiten wie ethische Standards oder Nachhaltigkeit keine Rücksicht nehmen. Das sorgt für deutlich niedrigere interne Verwaltungskosten“, so Wieser.

+++ Lesen Sie im nächsten Abschnitt, was praktisch krisensichere Geschäfte sind +++

Bier, Zigaretten, Glücksspiel & Co als krisensichere Geschäfte

Die Studienautoren finden noch weitere Gründe für die gute Entwicklung der sündigen Unternehmen an der Börse: So seien Bier, Zigaretten, Glücksspiel & Co. praktisch krisensichere Geschäfte. Selbst oder sogar besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wollen Verbraucher nicht darauf verzichten. Zudem seien in diesen Branchen die Gewinnmargen vergleichsweise hoch.

Auch die Tatsache, dass viele Anleger von solchen Unternehmen die Finger lassen, belastet ihren Aktienkurs nicht. Denn es finden sich immer andere Investoren, die die Lücke schließen, sobald ihnen der Aktienkurs attraktiv erscheint: „Wenn genügend Anleger diese unmoralischen Unternehmen meiden, fallen deren Aktienkurse und dies bietet Anlegern, die weniger ethische Bedenken hegen, Aussichten auf höhere Renditen“, erläutert Elroy Dimson, einer der Autoren der Studie, die Mechanismen des Marktes.

Die Studienautoren fanden auch heraus, dass ein negativer Image-Wandel eines Produkts für dessen Aktienkurs sogar von Vorteil sein kann und nennen als Beispiel die Aktien von Tabakkonzernen. So habe Tabak bis in die 1960er-Jahre hinein nicht als schädlich gegolten. Aktien von Tabakkonzernen entwickelten sich bis dahin aber trotzdem unterdurchschnittlich im Vergleich zum Gesamtmarkt. Als dann das Bewusstsein über die gesundheitlichen Gefahren von Zigaretten und anderen Tabakprodukten aufkam, verkauften viele Anleger ihre Tabakaktien. Aus Renditegesichtspunkten machten sie einen Fehler. Denn von da an entwickelten sich Aktien von Tabakkonzernen an der Börse sogar etwas besser als der Durchschnitt aller Aktien.

Und noch etwas fiel den Forschern auf: So erzielten Anleger mit Aktien von Ländern, die im Allgemeinen als die korruptesten angesehen werden, bessere Renditen als mit Wertpapieren aus anderen Ländern. Eine Erklärung dafür liefern sie allerdings nicht. Verantwortungsbewusste Anleger, dürften sich nun die Frage stellen, was sie denn tun können, um sich die Renditechancen, die mit solchen sündigen Unternehmen verbunden sind, nicht entgehen zu lassen. Gibt es denn vielleicht doch eine Möglichkeit, solche Investments ihrem eigenen Gewissen, aber auch anderen gegenüber, zu rechtfertigen?

Vermögensverwalter Wieser hat eine pragmatische Lösung parat: „Aus meiner Sicht wäre das nur zu rechtfertigen, wenn man die erzielten Gewinne aus solchen Anlagen spendet“, sagt er. Das Problem: Wenn man sich an Wiesers Empfehlung hält, hat man sich zwar ein reines Gewissen verdient. Doch im besten Fall erzielt man dann als Anleger eine Rendite von null auf sein eingesetztes Kapital – bei allen damit verbundenen Verlustrisiken. Und das wiederum klingt dann doch nicht mehr nach einer sehr verlockenden Geldanlage.

Die Autoren der Credit-Suisse-Studie machen einen anderen Vorschlag: Sie empfehlen den Anlegern von Sündenaktien dem Management die Leviten zu lesen – zum Beispiel auf der Hauptversammlung. So könnten sie dazu beitragen, das Unternehmen zu verbessern.

In Hersteller von hochprozentigen alkoholischen Getränken anzulegen, kann sich lohnen.
In Hersteller von hochprozentigen alkoholischen Getränken anzulegen, kann sich lohnen.
imago/biky Lizenz
Anleger mit Aktien von Ländern, die im Allgemeinen als die korruptesten angesehen werden, erzielen bessere Renditen als mit Wertpapieren aus anderen Ländern.
Anleger mit Aktien von Ländern, die im Allgemeinen als die korruptesten angesehen werden, erzielen bessere Renditen als mit Wertpapieren aus anderen Ländern.
imago/Sven Simon Lizenz