1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. VW-Abgasskandal: VW-Besitzer in Deutschland nach Dieselskandal: Das bedeutet die Einigung zwischen Volkswagen und den USA im VW-Abgasskandal für sie

VW-Abgasskandal VW-Besitzer in Deutschland nach Dieselskandal: Das bedeutet die Einigung zwischen Volkswagen und den USA im VW-Abgasskandal für sie

Von Frank-Thomas Wenzel 21.04.2016, 11:25
Volkswagen hat sich mit den US-Behörden geeignet.
Volkswagen hat sich mit den US-Behörden geeignet. dpa

Berlin - Volkswagen hat offenbar eingelenkt: Das Unternehmen will  Medienberichten zufolge knapp neun Milliarden  Euro zur Seite legen, um in den USA Autos mit Betrugssoftware entweder umzurüsten oder gegen Neuwagen umzutauschen. Außerdem soll es mit dem Justizministerium eine Art Vergleich geben, der ebenfalls Milliarden kosten könnte. Wir erläutern, was eine Einigung in den USA für deutsche VW-Besitzer bedeutet.

Warum kommt jetzt eine Einigung?

Das hat zwei Gründe: In einem Mammutgerichtsverfahren in den USA hat der Richter ein Ultimatum gesetzt: Volkswagen soll sich bis zum heutigen Donnerstag mit den US-Behörden einigen, wie mit den knapp 600.000 Diesel-Pkw umgegangen wird, die gegenwärtig mit Betrugssoftware unterwegs sind und deshalb erheblich mehr gefährliche Stickoxide in die Luft blasen, als es erlaubt ist. Zweitens will der Konzern am Freitag die Eckpunkte seiner Jahresbilanz für 2015 vorlegen. Werden dabei die Kosten für die US-Verfahren genannt, wäre das ein enorm wichtiges Signal für die Finanzmärkte, das Unsicherheiten beseitigt. In Erwartung einer Einigung schoss der Kurs der VW-Aktie am Donnerstagmorgen um sieben Prozent in die Höhe. Das Gericht tagt am Donnerstag von 17 Uhr an. Dann werden Details bekannt  gegeben.

Wie könnte die Einigung aussehen?

Nach Informationen des US-Finanzdienstes Bloomberg will Volkswagen zehn Milliarden Dollar (8,8 Milliarden Euro)  zurücklegen, um die wichtigsten Rechtsstreitigkeiten in den USA beizulegen. Der zuständige Richter Charles Breyer hat klargemacht: Basis einer Einigung muss sein, dass so schnell wie möglich die Übertretungen der Abgasgrenzwerte aus der Welt geschafft werden. Das bedeutet konkret, dass die Abgasreinigungssysteme entweder umgerüstet werden oder die Fahrzeuge gegen saubere Neuwagen umgetauscht werden. Für Experten ist klar: Vor allem bei Fahrzeugen älteren Baujahrs (2009 bis 2013) lässt sich mit neuen Bauteilen das Problem nicht lösen. Hier ist eine Umtauschaktion unumgänglich. Medienberichten zufolge könnte es zusätzlich für alle  Betroffenen VW-Fahrer einen pauschalen Schadenersatz  in Höhe von 5000 Dollar geben.

Was bedeutet eine Rückkaufaktion für Volkswagen?

Da wird enorm teuer. Denn Volkswagen müsste nach Expertenschätzungen mindestens 100.000 Pkw zurücknehmen. Der Konzern zahlt den Haltern den Restwert der Fahrzeuge. Sie müssten dann noch einige tausend Dollar drauflegen, um einen Neuwagen zu erhalten. Gut möglich, dass sich Halter weigern, dabei mitzumachen. Denkbar wäre, dass Volkswagen für diese Fahrzeuge dann eine Art Ablass an den Staat zahlt, damit die Besitzer sie weiter fahren dürfen. Unter anderem dieses Geld könnte in einen Fonds fließen, mit dem Volkswagen umweltfreundlichen Verkehr in den USA fördern soll.

Wie hoch werden die Kosten dafür sein?

Das ist noch unklar. Bloomberg-Experten haben hochgerechnet, dass bei der Rücknahme aller 580.000 Autos rund 9,4 Milliarden Dollar zusammenkämen.

Gibt es weitere Punkte für eine Einigung?

Mit dem aktuellen Verfahren verknüpft ist eine Klage des US-Justizministeriums wegen des Verstoßes gegen Umweltgesetze. Hier drohen maximal Bußgelder bis zu 45 Milliarden Dollar. Hier muss Volkswagen versuchen, einen Deal hinzukriegen, um die finanzielle Belastung zu begrenzen. In der Diskussion sind die erwähnten Fonds zur Förderung umweltfreundlicher Mobilität. Einer soll landesweit angelegt sein und einer soll speziell für Kalifornien gelten, wo es besonders strenge Auflagen in puncto Luftverschmutzung gibt. Manches spricht dafür, dass bei diesem Punkt noch verhandelt werden muss.

Was würde passieren, wenn es keine Einigung gäbe?

Dann will Richter Breyer im Sommer das Hauptverfahren eröffnen. Außergerichtliche Einigungen mit privaten Klägern sind dann nicht mehr möglich – das würde enorme Risiken für Volkswagen bedeuten. Außerdem könnte Breyer verfügen, dass die 580.000 Pkw mit der Betrugssoftware aus dem Verkehr gezogen werden, mit unabsehbaren Folgen für VW. Dann würde es zusätzlich Schadenersatzklagen hageln.

Welche Auswirkungen hat eine Einigung in den USA auf deutsche Volkswagen-Besitzer?

Die US-Einigung lässt sich als Präzedenzfall bewerten. Plausibel ist: Was Haltern in den USA gewährt wird, soll auch Besitzern von Volkswagen-Pkw hierzulande gewährt werden, wo es um 2,5 Millionen Autos geht. Konkret heißt dass, dass die Fahrzeuge nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im Realbetrieb auf der Straße die Abgasnormen erfüllen. Dann würde sich ebenfalls die Frage stellen, ob es Rückkaufaktionen geben muss. Bislang hat der Konzern solche Gleichsetzungen aber abgelehnt und darauf verwiesen, dass für jedes Land jeweils individuelle Lösungen erreicht werden müssten.