Vier Probleme, null Chancen Vier Probleme, null Chancen: Warum Langzeitarbeitslose nur schwer einen Job finden

Halle - Die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt sinkt. Von 2012 bis 2016 ging die Zahl der Erwerbslosen um rund 20 Prozent zurück. Im vergangenen Jahr wurden erstmals seit 1991 weniger als 100.000 Arbeitslose in der Statistik erfasst.
Von der Entwicklung profitiert eine große Gruppe der Erwerbslosen allerdings kaum: die Langzeitarbeitslosen. Das sind Frauen und Männer, die seit mehr als einem Jahr keinen Job haben. Das waren im vergangenen Jahr rund 43.000.
Zwischen 2012 und 2016 sank zwar auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen um 15 Prozent. Doch ein großer Teil hat nicht etwa eine feste Stelle gefunden, sondern verabschiedete sich in die Rente und somit aus der Statistik.
Wenig Sanktionen bei Arbeitslosen
Der Chef der Landesarbeitsagentur, Kay Senius, berichtet davon, dass er immer wieder zu hören bekommt, dass „diese Menschen keine Jobs wollen“. Er hält das für eine „schlimme Form der Stigmatisierung“. Der Behördenchef unterlegt das auch mit Zahlen: Nur 4,3 Prozent der Erwerbslosen in Sachsen-Anhalt würden von den Arbeitsagenturen oder den Jobcentern mit sogenannten Sanktionen wie Arbeitslosengeld-Kürzungen belegt, etwa weil sie eine angebotene Arbeit abgelehnt haben.
Gleichwohl räumt der Agenturchef ein, dass es einen „Sockel von Langzeitarbeitslosen gibt, von dem wir auch kaum runterkommen“. Das liegt nach seiner Einschätzung daran, dass Langzeitarbeitslose häufig mehrere sogenannte Vermittlungshemmnisse haben, die eine Einstellung erschweren: Geringqualifikation, höheres Alter (über 55 Jahre), alleinerziehend, krank oder fehlende Mobilität.
Statistiker haben nun errechnet, wie sich die Hemmnisse auf die Arbeitsmarktchancen auswirken. Hat ein Hartz-IV-Empfänger keines dieser Hemmnisse, so liegen seine Chancen bei 32 Prozent, eine feste Stelle zu bekommen. Bei einem Faktor sinkt der Wert schon auf 16 Prozent, bei zwei auf acht Prozent.
Bei vier und fünf sind es nur noch zwei beziehungsweise ein Prozent. Kurz: Ein Erwerbsloser ist dann chancenlos, wieder eine feste Stelle zu bekommen. Und das, obwohl in Sachsen-Anhalt im Vorjahr allein bei den Arbeitsagenturen 16.000 freie Stellen gemeldet waren. Insgesamt wird die Zahl der offenen Stellen etwa über private Jobportale auf 50.000 geschätzt.
Senius appelliert an die Unternehmen, auch Langzeitarbeitslose einzustellen. „Es gibt Vorurteile, die meisten Firmen, die den Schritt gemacht haben, unterscheiden bei späteren Einstellungen dann aber nicht mehr“, so der Behörden-Chef. Die Arbeitsagenturen unterstützen die Firmen auch. Zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen gibt es beispielsweise Zuschüsse für die Arbeitgeber oder ein Einstiegsgeld für die Beschäftigten. Ziel dahinter: Da die neuen Arbeitnehmer in den Betrieben zumeist noch nicht so produktiv sind, übernimmt die Arbeitsagentur einen Teil der Kosten. Das Modell hat sich offenbar bewährt, die sogenannten Eingliederungsquoten liegen bei über 70 Prozent.
Mehr Hilfe für kleine Firmen
Senius spricht sich erneut auch für mehr Unterstützung für Arbeitgeber aus, etwa in Form von Integrationscoaches, die Arbeitslose im Unternehmen begleiten. So hätten Arbeitgeber von kleinen Firmen, die es überwiegend im Land gebe, oft zu wenig die Möglichkeit, sich intensiv um die Einarbeitung von Arbeitslosen zu kümmern. Zusammen mit dem Sozialministerium soll noch in diesem Jahr ein neues Programm aufgelegt werden. Derzeit laufen dazu die Verhandlungen. (mz)