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Versicherung Versicherung: Was taugen Kurzzeit-Policen per App?

10.04.2014, 09:00
Versicherungen per Smartphone abzuschließen, ist einfach und bequem. Doch der Schutz, den solche Kurzzeit-Policen bieten, sollte genau geprüft werden.
Versicherungen per Smartphone abzuschließen, ist einfach und bequem. Doch der Schutz, den solche Kurzzeit-Policen bieten, sollte genau geprüft werden. dpa Lizenz

Ein Spontantrip in die Sonne, auf Spritztour mit einem fremden Auto - wer flexibel und trotzdem versichert sein will, kann per Handy oder Tablet Krankheits- oder Unfallschutz abschließen. Kurzzeitpolicen versprechen für ein paar Euro schnellen Schutz für mobile Menschen. Und was leisten sie?

Verschiedene Assekuranzen sind mit Angeboten für Mini-Policen im Netz unterwegs. Sie vertreiben die Produkte häufig über Portale wie das der Telekom-Tochter SureNow oder das von einem Düsseldorfer Unternehmen betriebene „AppSichern“. Offeriert werden Reisekrankenversicherungen, Unfallschutz bei Busreisen und Kitaausflügen, im Ski- oder Surfurlaub. Mit einem Klick können sich Fußballfans noch kurz vor Anpfiff gegen Verletzungen bei Randale im Stadion versichern. Die günstigsten Tarife kosten meist zwischen einem und drei Euro pro Tag.

Im Unterschied zu den traditionellen Verträgen sind die Kurzzeitpolicen bequem. „Es sind einfache, nicht erklärungsbedürftige Produkte, die man situativ dazubuchen kann“, sagt Holger Mardfeldt vom Verband Deutscher Versicherungsmakler in Hamburg. Verbraucher schließen die Police ab, wenn sie gebraucht wird.

Online oder als App angebotene Versicherungen für einzelne Sporttage lohnen sich für Verbraucher in der Regel nicht. Diese Tagespolicen kosten nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg oft vergleichsweise viel, bieten aber nur eine niedrige Deckung eines Schadens. Sinnvoller sei es, rund ums Jahr einen guten Versicherungsschutz zu haben, etwa in Form einer privaten Haftpflicht-, einer Unfall- und einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Und auch wenn viele Sportvereine ihren Mitglieder Versicherungsschutz gewähren, sei eigene Vorsorge wichtig, betonen die Verbraucherschützer. Denn die Vereinsversicherung sei nur eine gute Ergänzung, aber kein Ersatz. Bei ihrer Unfallpolice sollten Versicherte außerdem darauf achten, dass ihre Sportart eingeschlossen ist, wenn sie wie Kitesurfen besonders riskant ist. Wer im Ausland sportlich unterwegs ist, sollte eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen.

Die gewünschte App wird auf das Smartphone oder den Tablet-Computer heruntergeladen, der Schutz ausgewählt, per Klick bestätigt und abgeschickt. Die Bestätigungsmail der Assekuranz aktiviert den Versicherungsschutz. Der Sofortvertrag endet zu dem vom Kunden selbst festgelegten Zeitpunkt. Der kann zum Beispiel in 24 Stunden sein, in drei Tagen oder in zwei Wochen. Kündigungsfristen gibt es nicht.

Diese Vorteile erkennen auch Verbraucherschützer an. Ihnen bereitet jedoch der gebotene Schutz Bauchschmerzen. „Für das bisschen Geld ist die Leistung gering und nutzt entsprechend wenig“, kritisiert Rita Reichardt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und warnt vor trügerischer Sicherheit.

Angebotene Policen sind oft unzureichend

Eine für 2,90 Euro angebotene Wintersportversicherung verspricht zum Beispiel bei Vollinvalidität 50.000 Euro. Gebraucht würden aber mindestens 400.000 Euro, findet Reichardt. Die Stiftung Warentest bemängelt, die Versicherung leiste erst bei einer Invalidität von 20 Prozent. Dagegen sprängen klassische Tarife bereits ab 1 Prozent in die Bresche.

Ein für 99 Cent angebotener 48-Stunden-Unfallschutz enthält zwar Krankenhaustagegeld, aber keine Invalidität - der Bund der Versicherten findet das Angebot deshalb „vollkommen unzureichend“. Generell sei der über Minipolicen gewährte Schutz „nicht so voll umfänglich wie eine Jahrespolice. Das ist preislich nicht darstellbar“, räumt eine Sprecherin des Versicherungsunternehmens HDI ein, der seit gut einem Jahr mit App-Angeboten experimentiert. Grund für die geringere Leistung ist der vergleichsweise hohe Verwaltungsaufwand.

Auf die Nutzer kommen relativ hohe Kosten zu: Der Unfallschutz für zwei Wochen Skiferien summiert sich bei 2,90 pro Tag auf mehr als 40 Euro, 15 Euro pro Person sind für einen 12 Tage gültigen Last-Minute Auslandsreisekrankenschutz zu berappen. Stadionschutz kostet einmalig 1,59 Euro; wer 20 Spiele seines Lieblingsklubs besucht, zahlt mehr als 30 Euro. Für etwas mehr Geld mehr gebe bereits Jahrespolicen mit umfangreicherer Leistung, so Verbraucherschützer.

Die Aufgabe, sich selbst über Rechte und Pflichten zu informieren, ist bei den Kurzzeitpolicen aus technischen Gründen ein schwieriges Geschäft. Ein Problem ist die Lesbarkeit der Vertragsbedingungen. Sie sind genauso wie das Produktinfoblatt Teil der Informationspflicht des Versicherers und müssen dem Kunden vor Vertragsabschluss zur Verfügung gestellt werden. Er bekommt die seitenlangen Unterlagen auf sein Handy oder seinen Tablet-PC geschickt. „Wegen der sehr kleinen Schrift ist das alles schwer zu lesen„, moniert Rita Reichardt. Sie sieht das Risiko, dass Verbraucher nicht genau hinsehen, Details überlesen und mögliche Tücken nicht bemerken.

Die Apps bieten nach Einschätzung von Michael Nischalke von der Stiftung Warentest eine Notfalllösung nach dem Motto „besser als nichts“. Wer oft in Urlaub fährt, sollte aber auf Jahresverträge zurückgreifen, empfehlen die Experten. Solche Verträge böten mehr Leistungen, vor allem beim Unfall- und Invaliditätsschutz. Der sei ohnehin eher dann sinnvoll, wenn keine Berufsunfähigkeitsversicherung bestehe. Aus Sicht der Versicherungen sollen die App-Policen die herkömmlichen nicht ersetzen: „Sehr sicherheitsbewusste Menschen gehen auf den klassischen Schutz.“ (dpa)

Die Laufzeit kann genau festgelegt werden.
Die Laufzeit kann genau festgelegt werden.
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Sportversicherungen decken oft nicht alle Schäden ab.
Sportversicherungen decken oft nicht alle Schäden ab.
dpa