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Verdi-Abstimmung über Kita-Streik Verdi-Abstimmung über Kita-Streik: Bund und Länder sind jetzt gefordert

Von Stefan Sauer 28.04.2015, 12:14
Schon in der nächsten Woche könnte es zu unbefristeten Streiks des Kita-Personals kommen.
Schon in der nächsten Woche könnte es zu unbefristeten Streiks des Kita-Personals kommen. dpa Lizenz

Berlin - Nähmen Politiker ihre eigenen Worte vom enormen Wert frühkindlicher Bildung und sozialen Lernens in Kindergärten und Kitas wirklich ernst, könnte der Streik sicher abgewendet werden. Dann nämlich würde die bessere Eingruppierung im Tarifgefüge des Öffentlichen Dienstes, die Verdi für 240.000 Erzieherinnen kommunalen Kinderbetreuungseinrichtungen verlangt, als notwendige Investition in die Zukunft betrachtet. Auf solcher Grundlage könnte gewiss ein Ergebnis erzielt werden, selbst wenn die Verdi-Forderungen auf eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich zehn Prozent hinauslaufen. Am Ende geht es doch um das Wohl der Kinder, da ist kein Euro zu viel. Oder?

Psychisch belastend

Schlechterdings sind Sonntagsreden auf der einen  und die Haushaltslage viele Städte und Gemeinden auf der anderen Seite  zwei sehr unterschiedliche Paar Schuhe. Nach Angaben der kommunalen Arbeitgeber  würden die geforderten Höhergruppierungen jährlich 1,2 Milliarden Euro kosten. Das sei viel zu viel, unbezahlbar, ruinös. In den bisher drei Verhandlungsrunden hat es keine substanzielle Annäherung der Positionen gegeben. Verdi hat deshalb zur Urabstimmung gerufen. Stimmen mindestens drei Viertel für einen Arbeitskampf, kommt es zu unbefristeten Streiks des kommunalen Kita-Personals, vermutlich schon von kommender Woche.

Für ihre Forderungen führt die Gewerkschaft triftige Gründe an. Das - zu mehr als 90 Prozent weibliche - Kita-Personal trage große Verantwortung, die Tätigkeit sei inhaltlich anspruchsvoll, körperlich anstrengend und psychisch belastend. In Umfragen erklären fast drei Viertel der im Sozial- und Erziehungsdienst Beschäftigten, sie litten unter übermäßigem beruflichem Stress. Hauptverantwortlich hierfür ist nach Ansicht der Gewerkschaft der Personalmangel in vielen Einrichtungen, der wiederum durch die vergleichsweise schlechte Bezahlung verschärft, wenn nicht gar verursacht werde.

Verdi fordert höhere Eingruppierung des Personals

Dass es einen Zusammenhang zwischen Nachwuchsmangel und schlechten Arbeitsbedingungen gibt, legt auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken vom März nahe: Danach sind mittlerweile 20 Prozent der Erzieherinnen und Sozialarbeiter befristet beschäftigt, bei Neueinstellungen liegt der Befristungsanteil sogar bei 74 Prozent. Zudem arbeiten 60 Prozent der Erzieherinnen in Teilzeit, viele von ihnen unfreiwillig. Der Anteil der über 50-Jährigen im Personalbestand hat sich seit 2005 verdreifacht, mittlerweile ist jede dritte Erziehungsfachkraft über 50 Jahre alt.

Vor diesem Hintergrund fordert Verdi die höhere Eingruppierung des Personals. So solle eine staatlich anerkannte Kinderpflegerin nach vierjähriger Tätigkeit künftig in Vollzeit  nach der Entgeltgruppe S5 monatlich 2757 Euro brutto erhalten. Bisher - in der Gruppe S3-  bekommt sie 2434 Euro. Für Leiterinnen kleiner Kitas soll es je nach Berufserfahrung zwischen 330 und 517 Euro mehr pro Monat geben, die geforderten Zuwächse für die Führungskräfte großer Einrichtungen sind mit  206 Euro und 287 Euro nicht ganz so hoch. Dabei geht es der Gewerkschaft es um die Aufwertung des Tätigkeitsbereiches und um dessen gesellschaftliche Anerkennung.

Bund und Länder sind gefragt

Alles in allem sind das berechtigte Anliegen. Dies nützt vielen Kommunen, die kaum ihre Pflichtaufgaben finanzieren können, allerdings herzlich wenig. Deshalb müssen die Länder, und, wo diese nicht reicht, auch der Bund klammen Städten und Kreisen helfen, steigende  Personalkosten der Kitas zu schultern. Schließlich sind es oft gerade arme Kommunen, in denen eine gute Kita-Betreuung besonders wichtig ist. Und eine gute Bezahlung der Erzieherinnen eben auch.