"Vagabundierendes Geld" "Vagabundierendes Geld": Sparkasse Stendal: Negativzins für Kleinsparer als Notwehr
Halle (Saale) - Die Kreissparkasse Stendal hat es bundesweit in die Medien geschafft. Der Anlass dürfte Vorstandschef Jörg Achereiner jedoch nicht so freudig stimmen. Als erste Sparkasse in Sachsen-Anhalt und eine der ersten Banken in Deutschland will das Institut nun auch von Kleinsparern Strafzinsen erheben. Die Sparkasse betrachtet ihr Vorgehen jedoch als eine Art Notwehr.
Auf MZ-Anfrage teilte das Institut mit: „Hierdurch versuchen wir, unser Haus sowie unsere Sparer und Kunden vor den Auswirkungen von vagabundierendem Geldbeträgen von Gebietsfremden zu schützen.“
Gilt nur für Neukunden
Dieser Satz ist erklärungsbedürftig: Auf ihrer Homepage weist das Institut darauf hin, dass für ihr S-Tagesgeldkonto „für Guthaben ab 0,01 Euro ein Verwahrentgelt berechnet wird“. Verwahrentgelt ist ein anderes Wort für Negativzinsen.
Laut Sparkasse gilt das nur für „absolute Neukunden, die ausschließlich ihr Geld bei uns hinterlegen wollen“. In diesem Fall würden individuell Negativzinsen vereinbart. Daraus ist zu schließen, dass es keinen festen negativen Zinssatz gibt. Diese Abschreckung wirkt offenbar, denn das Institut teilt weiter mit: „Wir haben bisher in keinem Fall ein entsprechendes Entgelt verlangt, vereinbart oder gar vereinnahmt. Vielmehr handelt es sich um einen präventiven Hinweis.“
Es wird viel gespart
Der Hintergrund ist einfach zu verstehen. Bereits seit drei Jahren erheben viele Banken Strafzinsen bei hohen Vermögen ab 100 000 Euro. Eine der ersten Banken, die das eingeführt haben, liegt von der Kreissparkasse - bildlich gesprochen - auf der anderen Straßenseite: die Volksbank Stendal.
Offenbar versuchen nun betroffene Kunden ihr Vermögen umzuverteilen. Dabei werden Pakete von unter 100 000 Euro auf verschiedene andere Geldhäuser verteilt.
Die Kreissparkasse Stendal muss inzwischen jedoch selbst einen Minuszins von 0,5 Prozent bei der Europäischen Zentralbank zahlen, wenn sie dort Kundengeld parkt.
Die Sparkasse im Norden Sachsen-Anhalts hat, wie viele andere Institute auch, das Problem, dass sie weit mehr Einlagen erhält als Kredite vergibt. Dabei wächst das Kreditgeschäft in Stendal. Im Jahr 2018 verbuchte die Kreissparkasse ein Plus von acht Prozent. Doch bei einer älter werdenden Bevölkerung in der Region wird am Ende mehr gespart als investiert oder konsumiert. (mz)