1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. US-Spielzeughersteller: US-Spielzeughersteller: Das bedeutet die Pleite von Toys R Us für den deutschen Markt

US-Spielzeughersteller US-Spielzeughersteller: Das bedeutet die Pleite von Toys R Us für den deutschen Markt

Von Willi Feldgen 19.09.2017, 14:06
Der Spielzeughändler Toys R Us ist insolvent.
Der Spielzeughändler Toys R Us ist insolvent. EPA

Köln - In Kinderaugen ist die Meldung eine Katastrophe. Es ist, als habe das Zentrallager des Weihnachtsmanns die Himmelspforten dicht gemacht: Die amerikanische Spielwarenkette Toys „R“ Us, die weltweit 1600 und in Deutschland 66 Märkte betreibt, hat Insolvenz angemeldet. Ist Spielzeugland jetzt abgebrannt?

Nicht wirklich. Der Konzern mit 65.000 Beschäftigten in 35 Ländern beruft sich zwar auf Kapital 11 des US-Insolvenzrechts. Eine Pleite mit Massenentlassungen, Teilverkäufen oder endgültiger Schließung bedeutet das aber nicht. Die deutsche Geschäftsführung von Toys „R” Us in Köln teilte am Dienstag mit, dass es sich bei dem Restrukturierungsprozess nach US-amerikanischem und kanadischem Recht weder um eine Geschäftsauflösung noch um einen Konkurs nach deutschem Verständnis handele.

Schutz vor Ansprüchen von Gläubigern

Kapitel 11 dient verschuldeten Unternehmen in den USA vielmehr dazu, sich vor Ansprüchen der Gläubiger erst einmal zu schützen, unterdessen die Geschäfte weiter laufen zu lassen, bis man im günstigen Fall dereinst wieder schwarze Zahlen schreibt. Man wolle einen „Neustrukturierung der Schulden“ und eine „nachhaltige Kapitalstruktur“ erreichen, um in „langfristiges Wachstum“ investieren zu können, teilte die Unternehmensleitung in der Nacht zum Dienstag in New Jersey mit. Daher blieben auch sämtliche Geschäfte und Online-Shops bis auf weiteres geöffnet. Die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs sei für das Unternehmen von größter Bedeutung.

Auf die europäischen und deutschen Filialen (darunter sechs im Berliner Raum, fünf in und bei Frankfurt, zwei in Köln sowie einer in Bremen) hat das US-Verfahren ohnehin keine unmittelbaren Auswirkungen. Die Filiale in Holweide besteht seit 1988, die in Marsdorf seit 1992. Der Insolvenzschutz nach Kapitel 11 bezieht sich nach Unternehmensangaben ausschließlich auf das Geschäft in den USA und Kanada.

Schulden von 4,2 Milliarden Euro

„Da die Zahlungsfähigkeit der europäischen Landesgesellschaften gesichert ist, steht nunmehr der Kurs mit voller Kraft voraus auf das Weihnachtsgeschäft“, hieß seitens der Deutschlandzentrale. Hierfür sollen sogar zusätzliche Saisonkräfte eingestellt werden. Die entsprechenden Vorbereitungen liefen „auf Hochtouren“. Ähnliches gilt auch für Österreich und die Schweiz, wo Toys „R“ Us insgesamt 25 Spielzeugmärkte unterhält.

All diese Zusicherungen können freilich nicht darüber hinweg täuschen, dass der Konzern zumindest im übertragenen Sinne durchaus abgebrannt ist. Die Schulden belaufen sich auf umgerechnet 4,2 Milliarden Euro. Zum einen handelt es sich um eine „Altlast“ aus dem Jahr 2005. Damals hatten der Finanzinvestor Bain Capital und die New Yorker Beteiligungsgesellschaft KKR Toys „R“ Us übernommen und einen Großteil des Kaufpreises der Spielwarenkette aufgebürdet.

Zum anderen macht die wachsende Konkurrenz im Internet – namentlich Amazon- traditionellen Spielwarenläden das Leben schwer. Die konzerneigenen Online-Shops haben dagegen bisher kaum etwas ausrichten können. Vielleicht nimmt sich Toys „R“ Us die weltgrößte Einzelhandelskette Walmart zum Vorbild: Der US-Gigant suchte und fand vor wenigen Wochen einen Verbündeten im Kampf gegen Amazon: Kunden können künftig das Walmart-Sortiment über die Shoppingseiten von Google beziehen.