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Investor kauft Unister Unister: Rockaway Capital SE kauft fluege.de und ab-in-den-urlaub.de

Von Steffen Höhne 24.12.2016, 13:00
Ein Passant geht in Leipzig an einem Reisebuero «www.ab-in-den-urlaub.de», das zur Internetfirma Unister gehört, vorbei.
Ein Passant geht in Leipzig an einem Reisebuero «www.ab-in-den-urlaub.de», das zur Internetfirma Unister gehört, vorbei. dapd

Leipzig - Die gesamte Nacht ist durchverhandelt worden. Am Freitagmorgen trat der hallesche Insolvenzverwalter Lucas Flöther mit tiefen Augenringen im „Neuen Rathaus“ in Leipzig vor die Belegschaft von Unister und überbrachte sein Weihnachtsgeschenk: Große Teile des insolventen Leipziger Internet-Unternehmens sind gerettet. Die Erleichterung war vielen Mitarbeitern ins Gesicht geschrieben. Es flossen sogar einige Tränen.

Unister Travel: Komplette Reisesparte wird von Rockaway Capital übernommen

Der osteuropäische Finanzinvestor Rockaway Capital übernimmt die komplette Reisesparte Unister Travel. Dazu gehören bekannte Portale wie ab-in-den-urlaub.de, fluege.de und billigfluege.de. „Besonders freut mich, dass alle 520 Mitarbeiter im Travel-Geschäft ihre Arbeitsplätze behalten und sich der Investor zu den Standorten bekannt hat“, sagte Flöther.

Unister ist einer der größten Online-Reisevermittler Deutschlands. 2015 lagen die Portale des Unternehmens beim vermittelten Reiseumsatz noch vor den Konkurrenten booking.com und Expedia (siehe Grafik). Die Portale vergleichen die Angebote verschiedener Reiseanbieter. Die Kunden können diese im Internet dann gleich buchen.

Insolvenzverwalter Flöther: „Die Gläubiger der Unister Travel-Gesellschaften können nun mit einer guten Quote rechnen“

Zum Kaufpreis vereinbarten die Parteien Stillschweigen. Flöther deutete aber an, dass der gezahlte Preis dem Marktwert der Geschäftsbetriebe entspricht. „Die Gläubiger der Unister Travel-Gesellschaften können nun mit einer guten Quote rechnen“, so der Insolvenzverwalter. Über den Wert von Unister wurde im Vorfeld viel spekuliert. Bis zuletzt verhandelte Flöther mit mehreren Bietern, dem Gläubigerausschuss lagen am Ende verschiedene Angebote vor. Der Kaufpreis dürfte daher im dreistelligen Millionenbereich liegen.

Doch wer ist nun eigentlich Rockaway? In Deutschland ist der Finanzinvestor mit Sitz in Prag noch relativ unbekannt. Die Beteiligungsgesellschaft wurde erst 2013 von dem Unternehmer Jakub Havrlant gegründet und investierte nach eigenen Angaben in den vergangenen drei Jahren 400 Millionen US-Dollar (384 Millionen Euro) vor allem in Internet-Unternehmen in Mittel- und Osteuropa. Mit dem Online-Reisevermittler Invia betreibt Rockaway bereits ein großes Portal in Tschechien und angrenzenden Staaten. Rockaway-Manager Jaroslaw Czernek, sagte: „Da Invia und die ehemaligen Unister-Unternehmen auf dem gleichen Geschäftsmodell basieren, werden wir unsere gebündelten Kräfte nutzen, um einen gesamteuropäischen Marktführer im Online-Reisesegment zu schaffen.“ Die finanziellen Ressourcen besitzen die Tschechen offenbar. Hinter Rockaway steht der chinesische Investor CEFC China Energy Company. Es handelt sich dabei um das größte Privatunternehmen in Shanghai und das siebtgrößte in China. Kurz: Unister wird auch mit Geld aus dem Reich der Mitte gekauft.

Nach dem Tod von Unister-Gründer und Geschäftsführer Thomas Wagner Insolvenz angemeldet

Die Leipziger Unternehmens-Gruppe hatte wenige Tage nach dem Tod von Unister-Gründer und Geschäftsführer Thomas Wagner am 18. Juli Insolvenz angemeldet. Der 38-Jährige war zusammen mit dem Gesellschafter Oliver Schilling (39) und dem 65-jährigen Finanzvermittler Horst Heinz B. bei einem Flugzeugabsturz in Slowenien ums Leben gekommen. Auch der 73 Jahre alte Pilot starb. Die Absturz-Ursache ist bis heute nicht abschließend geklärt.

Zuvor soll Wagner in Venedig bei einem ominösen Finanz-Deal mit einem angeblichen israelischen Diamantenhändler um 1,5 Million Euro betrogen worden sein. Fest steht, dass Wagner dringend frisches Geld benötigte, um den Konzern mit 40 Portalen über Wasser zu halten. Ein 69-jähriger Finanzvermittler aus Unna (Nordrhein-Westfalen), der damals das Geschäft eingefädelt haben soll, sitzt heute in Untersuchungshaft.

Insolvenzverwalter Flöther fand teilweise chaotische Geschäftsabläufe vor

Durch den Flugzeugabsturz und den mysteriösen Betrugsfall stand Unister über Wochen im Zentrum medialer Berichterstattung, als Flöther das insolvente Unternehmen übernahm. Dort fand er teilweise chaotische Geschäftsabläufe vor. Es gelang ihm in den vergangenen fünf Monaten, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren. Durch Umstrukturierungen und Kürzungen im Marketing wirtschaftet die Reisesparte wieder profitabel.

Abgegeben werden nun auch andere Firmenteile. Mit dem Verkauf von Shopping.de ist am Freitag auch das erste Non-Travel-Portal des Unister-Konzerns veräußert worden. Erwerber sei die Karlsruher Solute GmbH, die das Preis- und Produktvergleichsportal billiger.de betreibt, hieß es.

Mit Unister stärkt Flöther seinen Ruf als Firmenretter. In den vergangenen Jahren hatte er unter anderem schon den Fahrradbauer Mifa und das Handelsunternehmen Mäc Geiz aus der Insolvenz geführt.

(mz)