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Testament Testament: Streit ums Erbe kann vermieden werden

Von Andreas Heimann 06.10.2005, 10:22

München/Köln/dpa. - Niemand denkt gerne ans Sterben. Auchganz pragmatische Fragen wie die Regelung des Erbes werden oftverdrängt. Zudem ist die Frage «Wer bekommt was?» nach Einschätzungvon Experten immer schwieriger zu beantworten - nicht nur weil«Patchwork-Familien» zunehmen und die Gesetzeslage für Laien oft kaumnoch zu durchschauen ist. «Es gibt auch immer mehr zu vererben», sagtDaniel Rohlff vom Deutschen Forum für Erbrecht in München. «Und jemehr da ist, umso wichtiger ist zu regeln, was damit passieren soll.»Empfehlenswert sei, rechtzeitig ein Testament zu machen.

«Im Prinzip ist das immer sinnvoll», sagt Rohlff. «Eigentlich nurdann nicht, wenn es nichts zu vererben gibt oder es dem Betreffendenegal ist, was mit seinem Vermögen passiert.» Ansonsten helfe einTestament selbst bei scheinbar klaren Fällen. Aus diesem Grund sei esauch besser, damit nicht zu warten, bis der Betreffende tatsächlichmit seinem baldigen Ableben rechnet: «Diese Fragen sollte man sichstellen, sobald man im nennenswertem Umfang etwas zu vererben hat»,betont Rohlff.

Ein fehlendes Testament kann weit reichende Folgen haben, zumBeispiel bei unverheirateten Paaren: Der Lebenspartner geht danneventuell leer aus, falls nahe Angehörige des Verstorbenen ihreAnsprüche geltend machen, warnt die Schleswig-HolsteinischeRechtsanwaltskammer in Schleswig.

Gibt es kein Testament und stirbt beispielsweise in einer Familiemit zwei Kindern einer der beiden Ehepartner, erbt der andere dieHälfte, jedes Kind jeweils ein Viertel von allem. «Das Hauptproblemist die dadurch entstehende Erbengemeinschaft», erläutert Rohlff. «Solange sich alles einvernehmlich regeln lässt, ist das prima. Aber dasfunktioniert in den seltensten Fällen.»

Gehört das Haus nur zur Hälfte der Mutter, könnte jedes der beidenKinder verlangen, dass es versteigert wird, um sich sein Viertelauszahlen zu lassen. «Ein Testament gibt einem die Möglichkeit zubestimmen, wer was bekommen soll», sagt der Experte.

Beliebt ist das Berliner Testament, bei dem sich die Ehegattengegenseitig als Erben und die Kinder als Schlusserben einsetzen. «Dasheißt, das Erbe fällt zunächst an den Ehepartner und erst bei dessenTod an die Kinder», erläutert Heinz-Willi Kamps, Rechtsanwalt in Kölnund Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht imDeutschen Anwalt Verein. «Das macht zum Beispiel Sinn, wenn derüberlebende Ehepartner kein Vermögen hat und auf diese Weiseabgesichert werden soll.»

Doch hat das Berliner Testament nicht nur Vorteile, warnt dieDeutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- undFamilienrecht in Nürnberg: Übersteigt der Wert des zu vererbendenVermögens den Freibetrag von 307 000 Euro, ist es besser, gleicheinen Teil des Vermögens den Kindern zu vererben. «Andernfalls werdendie zusätzlichen Freibeträge der Kinder nicht ausgenutzt, und esfällt möglicherweise zweimal Erbschaftssteuer an», sagt Kamps - beimTod des ersten Ehepartners und nochmal, wenn auch der zweite stirbt.

Angst vor der Erbschaftssteuer ist nach Kamps Erfahrung generellaber ein schlechter Ratgeber bei der Planung des Erbes. Auch bei derFrage, wer was erben soll, ist es vernünftig, erst wirtschaftlicheund nicht steuerliche Überlegungen in den Vordergrund zu stellen.Unsinn sei beispielsweise, ein Haus vorzeitig zu übertragen, nur umErbschaftssteuern zu vermeiden. Das gilt besonders dann, wenn derBetreffende außer dem Haus nicht über nennenswertes Vermögen verfügtund dann ganz von seinen Kindern abhängig ist. «Eltern sollten nichtfragen müssen, ob sie zum Urlaub nach Spanien dürfen oder nur in dieEifel», sagt Kamps.

Eine Überlegung wert ist auch die Frage, wer von den Erben was ambesten oder am nötigsten gebrauchen kann. Das Abfassen einesTestaments gibt die Möglichkeit, entsprechend Einfluss zu nehmen:«Man kann beispielsweise das Haus an den Ehepartner und dasBarvermögen an die Kinder vererben oder die Frau als Alleinerbineinsetzen und den Kindern eine bestimmte Summe als Vermächtniszusprechen», sagt Rohlff. Grundsätzlich ist möglich, auch nur einenErben einzusetzen.

«Alle Kinder und Enkel haben aber Anspruch auf den Pflichtteil»,erklärt der Anwalt. Er beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichenErbteils - also von dem, was der Betreffende erben würde, gäbe eskein Testament.

Vor dem Abfassen des Testamentes sollte der Betreffende eineBestandsaufnahme über sein Vermögen machen, rät Rohlff. «DasTestament muss dann per Hand geschrieben werden und zwar von A bisZ.» Mit der Maschine oder am Computer getippte Testamente sindungültig. «Testament muss nicht drüberstehen, hilft aber», erläutertder Experte. Ansonsten gibt es keine formellen Vorgaben: «Im Prinzipkann es auf einem Bierdeckel stehen.»

Das Testament kann jederzeit geändert werden. Es empfiehlt sich,es nicht irgendwo zu Hause aufzuheben, sondern beim Nachlassgerichtzu hinterlegen. «Dann wird es auf jeden Fall gefunden», sagt Rohlff.«Man kann es auch dem eigenen Anwalt anvertrauen. Wir ratenallerdings davon ab, es den Erben zu geben. Das weckt Erwartungen,die Änderungen erschweren würden.»

Eine Alternative zum handgeschriebenen ist das notarielleTestament - notwendig in allen Fällen, in denen der Erblasser selbstnicht in der Lage ist, zu schreiben. «Es wird anschließend auch beimNotar aufbewahrt», sagt Rohlff. Der Nachteil: Anders als das selbstverfasste kostet das notarielle Testament Geld.

Grundsätzlich kann per Testament jeder zum Erben werden - solangees sich um Menschen handelt. Wer engeren Kontakt zu Hund oder Katzeals zu seinen Mitmenschen pflegt, darf die Haustiere trotzdem nicht zu Erben einsetzen: Entsprechende Testament sind ungültig, entschieddas Landgericht München (Az.: 16 T 22605/03).

Internet: www.deutsches-forum-fuer-erbrecht.de