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Tengelmann-Edeka-Deal auf der Kippe Tengelmann-Edeka-Deal auf der Kippe: Darum könnte eine gescheiterte Fusion den Kunden nützen

Von Frank-Thomas Wenzel 05.08.2015, 10:23
Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka stößt bei seinen Plänen zur Übernahme des Konkurrenten Kaiser's Tengelmann weiter auf heftigen Widerstand.
Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka stößt bei seinen Plänen zur Übernahme des Konkurrenten Kaiser's Tengelmann weiter auf heftigen Widerstand. dpa Lizenz

Berlin - Die geplante Übernahme der Supermärkte von Kaiser’s  Tengelmann durch Edeka könnte zu einer Hängepartie werden, die sich noch einige Jahre hinzieht. Denn die beiden Unternehmen wollen vor Gericht ziehen, wenn Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Deal nicht genehmigt. Wir erläutern, warum ein Abblasen der Fusion den Konsumenten nützen könnte.

Wieso ist die Übernahme so kompliziert?

Es geht darum, dass der Edeka-Verbund als größter deutscher Lebensmittelhändler mit dem Kauf der rund 450 Kaiser’s-Filialen mit etwa 16000 Beschäftigten noch mächtiger würde. Edeka würde unter anderem  in Berlin und NRW seine Marktposition deutlich ausbauen. Zugleich würde die Einkaufsmacht gegenüber Herstellern gestärkt. Deshalb hat das Kartellamt die geplante Fusion untersagt. Das wollen die beiden Unternehmen aber nicht akzeptieren.

Wie gehen sie gegen das Verbot vor?

Sie haben eine sogenannte Ministererlaubnis bei der Bundesregierung beantragt. Diese Regelung dient dazu, zu überprüfen, ob die Übernahme „gesamtwirtschaftliche Vorteile“ bringt, die die Nachteile im Wettbewerb überwiegen. Das bedeutet: Die Ministererlaubnis gibt es nur, wenn weniger Konkurrenz im Lebensmittelhandel ausnahmsweise dennoch positive Auswirkungen auf das Gemeinwohl hat – ein höchst seltener Fall. Zuletzt wurde dies 2002 bei der Übernahme von Ruhrgas durch Eon so entschieden. Damals ging dem Wirtschaftsministerium darum, in Deutschland einen integrierten Energiekonzern zu schaffen, der weltweit agiert. 

Wo könnten die Vorteile einer Fusion liegen?

Tengelmann und Edeka argumentieren, dass nur durch eine Fusion Arbeitsplätze bei Tengelmann gerettet werden könnten. Dem hat die Monopolkommission in ihrer obligatorischen Stellungnahme zum Antrag auf eine Ministererlaubnis vehement widersprochen: Die behauptete Arbeitsplatzsicherung sei „nicht mit hinreichender Sicherheit erwiesen.“ Vielmehr diene die Fusion gerade dazu, Kosten zu drücken und vieles effizienter zu machen, was auch den Abbau von Arbeitsplätzen nach sich ziehe, schreibt das Expertengremium, das das Wirtschaftsministerium berät.  Damit ist eine Ministererlaubnis sehr unwahrscheinlich geworden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es nun weiter geht, was ein Verfahren bedeuten würde und welche Alternativen es gibt.

Wie geht es nun weiter?

Zunächst einmal müssen noch Stellungnahmen der betroffenen Bundesländer (Bayern, Berlin, NRW und Hamburg) eingeholt werden. Bis Ende des Monats muss dann das Wirtschaftsministerium entscheiden. Sagt es Nein, wollen Edeka und Tengelmann einem Bericht des Handelsblattes zufolge dagegen klagen. So sei es im Kaufvertrag vereinbart.

Was würde ein Verfahren bedeuten?

Durch ein Verfahren würde die Übernahme auf Eis gelegt – mutmaßlich für mindestens zwei Jahre, eher für drei oder gar vier Jahre. Doch das kann eigentlich nicht im Sinne von Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub sein. Denn Tengelmann macht Verluste, die in diesem Jahr noch deutlich höher als 2014 liegen werden, als ein Fehlbetrag von 40 Millionen Euro zu Bude stand.  Mit jedem Tag, in dem Tengelmann mit seinen Supermärkten weitermacht, verbrennt das Unternehmen derzeit also mehr als 100000 Euro.

Was wäre die Alternative?

Dass die beiden Unternehmen ihr Klage-Vorhaben und damit die gesamte Übernahme abblasen. Haub hat davor gewarnt, dass dann die Zerschlagung von Tengelmann drohe. Wobei dies nicht unbedingt die schlechteste Alternative sein muss, denn dies könnte relativ viele Arbeitsplätze in den Filialen retten. Mehrere Lebensmittelhändler haben bereits den Finger für Kaiser’s-Filialen gehoben. Dazu zählt die Schweizer Migros-Gruppe, die Standorte in Süddeutschland übernehmen will, um mit ihrer Tegut-Gruppe zu expandieren, die bislang vor allem in Hessen aktiv ist. Auch Rewe, die Nummer drei der Lebensmittelhändler, hat sich gemeldet. Hier könnte es sogar eine Belebung des Wettbewerbs geben, sofern sich Rewe Märkte schnappt, die in Regionen liegen, wo Edeka stark ist.