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Drei Euro für Hosen & Jacken  Tchibo startet Kindermode-Verleih: Wie eine Magdeburger Startup-Firma dabei hilft

Von Steffen Höhne 26.01.2018, 07:00
Kinder wachsen schnell: Welche Hosen und Pullover passen noch und welche nicht?
Kinder wachsen schnell: Welche Hosen und Pullover passen noch und welche nicht? Kilenda

Halle (Saale) - Kisten über Kisten stapeln sich in vielen deutschen Kellern. Darin liegt jedoch kein guter Wein oder hilfreiches Werkzeug, sondern ausrangierte Baby- und Kinderkleidung.

Die Kleinen wachsen oft in wenigen Monaten aus der mitunter teuren Kleidung heraus. Ein Fall für die Mülltonne sind die vielen T-Shirts, Hosen und Jacken daher längst nicht.

Verwandte und Bekannte übernehmen einzelne Stücke gern für ihre Kinder. Dennoch bleibt sehr oft ein Altkleiderberg zurück.

Tchibo vermietet auf Internetseite Kinderkleidung

Um das Problem zu lösen, hat sich Tchibo nun als erste deutsche Einzelhandelskette dafür entschieden, das Vermieten von Kinderkleidung auszuprobieren.

Seit Dienstag werden auf der Internetseite tchibo-share.de unter anderem Jacken, Hosen, Kleider, Schlafanzüge und Bademäntel für Babys und Kinder zum Leih angeboten.

Kinderkleidung ist aus Bio-Baumwolle

Zwei Schlafanzüge in „Zirkus blau“ gibt es in verschiedenen Größen für 2,80 Euro im Monat. Gekauft würde die Ware 16,99 Euro kosten. Eine blaue Strickjacke gibt es für 3,40 Euro gegenüber einem Kaufpreis von 19,99 Euro.

Alle Produkte bestehen aus Bio-Baumwolle. Tchibo wirbt für die Mietkleider vor allem damit, dass „wertvolle Ressourcen geschont“ werden. „Je häufiger und länger ein Produkt genutzt wird, umso besser für die Umwelt“, sagt Tchibo-Direktorin Nanda Bergstein. Das neue Angebot gebe es nur online, nicht in den Tchibo-Filialen.

Unternehmen aus Magdeburg beteiligt

Der Miet-Service wurde zusammen mit der Magdeburger Start-up-Firma Relenda GmbH entwickelt, welche unter der Marke Kilenda auftritt.

Bereits seit 2014 verleiht das Unternehmen mit 25 Mitarbeitern hochwertige Kinderkleidung aber auch Spielzeug, Kinderwagen oder Babytragen. „Aktuell mieten 3.500 Eltern bei uns verschiedene Produkte“, sagt Firmenchef Hendrik Scheuschner.

Der 29-Jährige hat während seines Maschinenbau-Studiums das Unternehmen aufgebaut. „Für uns stand im Mittelpunkt, wie die Altkleiderberge reduziert werden können“, sagt Scheuschner.

Kilenda: Kleidung in einem Lager in Magdeburg

Zwar können Eltern ungenutzte Textilien beispielsweise auch auf Flohmärkten oder über das Portal Ebay verkaufen, doch ist das mit erheblichem Aufwand verbunden. „Die gebrauchte Kleidung einfach zu leihen und dann zurück zu schicken, ist einfach bequemer“, sagt Scheuschner.

Mehr als 15.000 Kleidungsstücke lagern bereits am Magdeburger Firmensitz und werden dort auch gewaschen. „Etwa vier Mal lässt sich jedes Stück verleihen“, so Scheuschner. Kaputte Kleidung werde ohne Zusatzkosten zurückgenommen.

Kooperation mit Tchibo

Tchibo hatte an dem Modell offenbar Gefallen gefunden, und so entstand die neue Kooperation. Der große Einzelhändler stellt die Waren zur Verfügung und macht Werbung für die Neuheit.

Kilenda hat die Webseite von Tchibo entwickelt und übernimmt den Service von der Auslieferung bis zur Rücknahme.

Angst, durch die Kooperation einen großen Wettbewerber selbst aufzubauen, hat die Kilenda-Führung nicht. „Textilverleih ist bisher eine absolute Nische. Tchibo kann dabei helfen, den Markt zu entwickeln“, sagt Scheuschner.

Eher kleinere Unternehmen verleihen bisher Kleidung

Es gibt weitere junge Firmen, die ähnliche Ansätze verfolgen. Als erstes ist hier die hallesche Firma Räubersachen zu nennen, die auch seit 2015 über das Internet Öko-Textilien für Kinder verleiht.

Dresscoded und Chic by Choice vermieten Abendkleider oder Dirndl. Die Start-up-Firma Kleiderei verleiht Mode-Pakete per Abo-Modell und bei Kleiderkreisel werden Teile getauscht.

Verbraucher lehnen Miet-Modell nicht ab

Dass Verbraucher dem Thema generell offen gegenüberstehen, zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft KPMG aus dem Jahr 2017.

Eine Befragung von 500 Konsumenten ergab, dass 43 Prozent sich vorstellen können, ein Miet-Modell zu nutzen. Getan haben dies bisher aber nur 15 Prozent.

Offenbar gibt es noch nicht die richtigen Angebote. Denn die Hälfte der Interessierten sagte, Unternehmen sollten mehr Waren zum Mieten anbieten.

Mieten statt Kaufen auch bei anderen Anbietern

„Produkte, die nur saisonal benötigt werden, wie der Vertikutierer für den Rasen im Frühjahr, das Jugendbett für einen bestimmten Lebensabschnitt oder sogar Kleidung bedarfsgerecht für einen bestimmten Anlass und Zeitraum zu mieten, statt sie zu kaufen, kann in Zukunft die Lösung sein“, so KPMG-Handelsexperte Mark Sievers.

Zu den Vorreitern im deutschen Handel gehören der Versandhändler Otto und die Elektronikkette Media Markt. Beide vermieten vor allem Großgeräte wie Fernseher, Kaffeeautomaten und Waschmaschinen. So wird etwa eine einfache Waschmaschine auf dem Portal Otto Now für 9,99 Euro im Monat angeboten.

Auch im Textil-Markt rechnet Kilenda-Gründer Scheuschner mit weiteren Angeboten. Sein Unternehmen ist auch offen für weitere Kooperationen. (mz)