Tarifabbschluss für Eisenbahner Tarifabbschluss für Eisenbahner: EVG und Deutscher Bahn gelingt Einigung - Streiks abgewendet

Berlin - Bahnkunden können vorerst aufatmen. Nach fast einem Jahr Tarifauseinandersetzung haben sich die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG am Mittwoch in Berlin auf einen Tarifabschluss geeinigt. Damit sind weitere Streiks bei der Bahn vorerst abgewendet.
Allerdings könnte es ab Mitte Juni doch wieder zu Streiks kommen. Mit der Konkurrenzgewerkschaft GDL, die den Bahnverkehr in Deutschland in diesem Jahr schon mehrmals fast flächendeckend durch Streiks lahmgelegt hat, hat sich die Bahn nämlich noch immer nicht geeinigt: Nach Verkündung der Tarifeinigung mit der EVG verabschiedete sich Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber zu ersten Schlichtungsgesprächen mit der GDL. Mit ihrer Zustimmung zur Schlichtung hat sich die GDL verpflichtet, bis zum 17. Juni nicht zu streiken. Bis dahin gilt im Tarifstreit die sogenannte Friedenspflicht.
Mit der EVG einigte sich die Bahn am Mittwoch auf eine Lohnerhöhung in zwei Stufen von insgesamt 5,1 Prozent. Zum 1. Juli werden die Löhne um 3,5 Prozent erhöht, mindestens aber um 80 Euro. Am 1. Mai 2016 steigen die Löhne der Bahnbeschäftigten um weitere 1,6 Prozent, mindestens um 40 Euro. Der Tarifvertrag läuft bis 30. September 2016. Hinzu kommt eine Einmalzahlung in Höhe von 1100 Euro für alle in die Tarifrunde einbezogenen Mitarbeiter, wovon 750 bereits als Abschlag ausbezahlt wurden.
Darüber hinaus unterzeichneten Bahn und EVG einen Tarifvertrag „Arbeit 4.0“ mit dem Ziel, die rasanten Veränderungen der Arbeitswelt durch die zunehmende Digitalisierung gemeinsam und aktiv zu gestalten. Konkret bedeutet das unter anderem, dass sich für talentierte Mitarbeiter im Zuge der Digitalisierung auch neue Karrierechancen auftun sollen.
Bahnvorstand Weber zeigte sich zwar zufrieden über die Einigung, gab sich aber auch nachdenklich: „Der Tarifabschluss ist angesichts der schwierigen Wettbewerbssituation unserer Geschäfte ein Kompromiss an der Grenze dessen, was möglich ist“, betonte er. „Damit erkennen wir die gute Leistung unserer Mitarbeiter an“. Einen kleinen Seitenhieb auf die GDL konnte er sich dann doch nicht verkneifen: „An dem Ergebnis ist zu erkennen, dass mit Fantasie und gutem Willen auf beiden Seiten Tarifabschlüsse erzielt werden können, die für beide Seiten akzeptabel sind. Es geht auch ohne Streik.“
Hocherfreut äußerte sich die Verhandlungsführerin der EVG, Regina Rusch-Ziemba: „Wir haben unsere Positionen in allen Punkten durchgesetzt“, sagte sie. „Für unsere Mitglieder gibt es jetzt ab Mitte des Jahres deutlich mehr Geld.“ Sowohl in der Höhe des Tarifabschlusses als auch in der Laufzeit seien die Arbeitgeber weitgehend auf die Forderungen der Gewerkschaft eingegangen.
Ebenfalls einen Tarifvertrag abgeschlossen haben Bahn und EVG am Mittwoch für die Lokführer. Bislang hatte für die Lokführer ausschließlich die kleinere GDL das Mandat. Nun gelten für die in der EVG organisierten Lokführer die gleichen Regelungen wie für die GDL-Lokführer. Die EVG ist deutlich größer als die GDL. Sie hat gut 100 000 Mitglieder bei der Bahn, die in allen Bereichen arbeiten. Die große Mehrheit der Bahn-Lokführer ist allerdings bei der GDL organisiert.
Der Tarifabschluss der Bahn mit der EVG ist nun auch Basis für die Schlichtung zwischen GDL und Bahn. Die GDL will aber eigenständige Tarifverträge für Berufsgruppen des Zugpersonals durchsetzen, die bislang allein von der EVG vertreten wurden. Der GDL bietet sich nun die Chance, in der Schlichtung einen besseren Abschluss für die knapp 40 000 Lok- und Rangierführer sowie die Zugbegleiter zu vereinbaren. Schlichter sind der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und Brandenburgs Ex-Regierungschef Matthias Platzeck (SPD).