Zehn Jahre Tabaksteuer Tabaksteuer: Hohe Preise und Schockbilder zeigen bei Rauchern keine Wirkung

Keine andere Steuer ist in den vergangenen 20 Jahren so häufig erhöht worden wie die Tabaksteuer. Nach mehrfachen Anhebungen in den 90er Jahren stieg der Steuersatz auf Zigaretten, Zigarren und Tabak am 1. Januar 2002, am 1. Januar 2003, am 1. März 2004, am 1. Dezember 2004 und 1. September 2005. Weitere jährliche Erhöhungen folgten in zwischen 2011 und 2015.
Mal wurde der Anstieg damit begründet, versicherungsfremde Leistungen im gesetzlichen Gesundheitssystems aus Steuermitteln bestreiten zu wollen, mal sollten die Mehreinnahmen Bundeswehreinsätze im Kampf gegen den Terror finanzieren, mal wurde der Kinder-, Jugend- und Gesundheitsschutz ins Feld geführt.
Fakt ist: Mittlerweile drei Viertel des Verkaufspreises einer Zigarettenschachtel kommen als Tabaksteuereinnahmen dem Bund zu. Der führte die Einnahmen meist, hehrer Begründungen zum Trotz, dem profanen Zweck zu, Haushaltslöcher zu stopfen. Zehn Steuererhöhungen in 15 Jahren sprechen für sich.
Rauchverbote haben sich nicht spürbar auf den Verkauf ausgewirkt
Umso erstaunlicher mutet es an, dass die Einnahmen sich in diesem Zeitraum kaum verändert haben: Seit 2002 schwankt das Tabakssteueraufkommen um die 14 Milliarden Euro. 2003 hatten die Einnahmen bei 14,1 Milliarden Euro gelegen, 2016 waren es 14,2 Milliarden. Diese aus Sicht von Haushältern eher enttäuschende Einnahme-Entwicklung geht auf einen steten Rückgang der Raucherzahlen und damit des Absatzes zurück. So sank die Zahl versteuerter Zigaretten nach Angaben des Statistischen Bundesamts von 140 Milliarden Stück im Jahr 2000 auf 75 Milliarden im vergangenen Jahr. Diese Daten sind für die Staatskasse ausschlaggebend: Fertigzigaretten stehen mit mehr als 12 Milliarden Euro pro Jahr für 85 Prozent des gesamten Tabaksteueraufkommens. Der Rest entstammt dem Verkauf von Zigarren und Zigarillos, Feinschnitt und Pfeifentabak, zu jeweils unterschiedlichen Steuersätzen.
Das Rauchverbot in öffentlichen Räumen und Gaststätten spielt für den Rückgang des Tabakverbrauchs statistisch keine nennenswerte Rolle. Zwar ging der Zigarettenabsatz zwischen 2007 und 2010 um jährlich rund drei Milliarden Stück zurück. In den Jahren zuvor waren die Verkaufszahlen allerdings noch deutlich stärker abgesackt. Von einer spürbaren Wirkung der Rauchverbote auf den Tabakkonsum kann also nicht die Rede sein.
Auch die Schockbilder auf den Verpackungen helfen nicht
Dem gegenüber schienen die seit dem 20. Mai 2016 vorgeschriebenen Schockbilder auf den Verpackungen einen durchschlagenden Effekt zu erzielen: Das Bundesfinanzministerium meldete für den Juni einen Einbruch der Tabaksteuereinnahmen um 23,9 Prozent, im Juli sank das Aufkommen gar um 48 Prozent zum Vorjahresmonat. Hatten plötzlich Millionen wegen des ausgeweiteten Rauchverbots vom Glimmstengel gelassen?
Mitnichten. Die Hersteller hatten lediglich über Monate hinweg vorproduziert, um möglichst viele Verpackungen ohne Schockbilder vorrätig zu haben. Die hierfür notwendigen Steuerbanderolen mussten entsprechend früh bestellt und bezahlt werden. Dadurch waren die Tabaksteuereinnahmen 2015 auf einen Höchststand von knapp 15 Milliarden Euro gestiegen. Nach Einführung der Schockbilder im Mai 2016 bestellten die Hersteller entsprechend weniger Steuerbanderolen und verkauften zunächst ihre alten Bestände ab. Bis Jahresende hatte sich das Steueraufkommen wieder normalisiert: Mit 14,2 Milliarden Euro liegt 2016 ziemlich genau im langjährigen Durchschnitt seit 2002.
Pfeifen, Shishas und E-Zigaretten finden mehr Anhänger
Wachstum im insgesamt schrumpfenden Markt erzielten einige Nischenprodukte. Die Menge versteuerten Pfeifentabaks etwa steigt seit Jahren und legte allein 2016 um 46 Prozent zu. Hauptgrund: Shishas und andere Wasserpfeifen finden immer mehr Anhänger. Auch der Markt für E-Zigaretten wächst. Nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen konsumieren mittlerweile 1,1 Millionen Inländer regelmäßig E-Zigaretten, Tendenz steigend. Allerdings nimmt sich ihre Zahl im Vergleich zu den „echten“ Rauchern noch immer bescheiden aus: Immerhin jeder vierte erwachsene Bundesbürger raucht täglich Zigaretten.
Wie viele davon versteuert wurden, ist einen andere Frage. Experten schätzen, dass unversteuerter Zigaretten etwa ein Fünftel der konsumierten Gesamtmenge in Deutschland ausmachen. Demnach werden hierzulande jährlich rund 20 Milliarden unversteuerte Zigaretten ver(b)raucht. Das Gros stammt ganz legal aus Duty Free Shops oder wird von Privatpersonen aus dem EU-Ausland nach Deutschland mitgebracht. Die Zahl geschmuggelter Zigaretten wird auf rund zwei Milliarden pro Jahr geschätzt.