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Finanzen Stolberg: Sparkasse schließt ihrer Filiale in dem Harzer Tourismusort

Von Steffen Höhne 15.06.2016, 19:24
Am 8. Juli wird die Sparkasse ihre Stolberger Filiale schließen.
Am 8. Juli wird die Sparkasse ihre Stolberger Filiale schließen. Maik Schumann

Stolberg - Stolberg ist eine der schönsten Fachwerkstädte im Harz: Von der Autobahn 38 geht es über eine kleine Landstraße hinein in das Mittelgebirge. Schon von weitem ist das Stolberger Schloss sichtbar, unterhalb dessen schmiegt sich der Luftkurort an den Berg.

Fast alle Häuser wurden nach der Wende saniert. Die Hausmauern leuchten weiß, die Ziegeldächer rot. Eines dieser schmucken Fachwerkgebäude gehört der Sparkasse. Das Geldhaus gehört für viele Bürger so selbstverständlich zum Ort wie das benachbarte Hotel „Zum Kanzler“ und die Bäckerei Ließmann.

Auf Unverständnis stieß bei vielen Einwohnern daher auch die Ankündigung des Instituts, dass die Filiale am 8. Juli geschlossen wird. „Stolberg ist ein Tourismusort. Gäste, Gastronomen und Einzelhändler sind auf die Bank angewiesen“, sagt die Vorsitzende des Gewerbevereins Nadja Witte.

Die Chefin des Hotels „Zum Kanzler“, Kristin Dübner, fügt an: „Die Sparkasse ist ein Dienstleister für die Region. Wir nutzen sie beispielsweise, um schnell Wechselgeld zu bekommen. Stolberg verliert wieder ein Stück an Attraktivität.“

Nur noch 900 Konto-Inhaber

Die Harzgemeinde steht für viele Orte in Sachsen-Anhalt, aus denen sich die Sparkassen zumindest mit eigenen Filialen zurückziehen. Jeder fünfte Standort im Land wurde in den vergangenen zehn Jahren aufgegeben. Doch warum funktioniert das Geldgeschäft nicht mehr?

Centerleiterin Yvonne Klaschka spricht davon, dass sich die Rahmenbedingungen vollkommen verändert hätten. Nach der Wende lebten in dem Harzort noch 1 600 Einwohner, zuletzt waren es 1 164. Die Sparkasse als einziges Geldhaus am Platz ist quasi Monopolist.  „Wir haben noch rund 900 Privat-Girokonten hier“, sagt sie.

Nach Worten von Hans Ulrich Weiss, Vorstandschef der Sparkasse Mansfeld-Südharz, reicht das aber bei weitem nicht aus, um einen Standort wirtschaftlich zu betreiben. „Mehr als 2 000 Kunden sind eigentlich mindestens nötig.“

Weniger Kunden kommen an den Schalter

Früher arbeiteten in der Filiale einmal sechs Mitarbeiter, jeden Tag war geöffnet. Doch diese Zeiten sind schon lange vorbei. Wie Klaschka erzählt, besuchten in den vergangenen Jahren immer weniger Kunden das Haus direkt.

„Kamen früher die Kontoinhaber einmal im Monat an den Schalter oder zur Beratung, so ist es heute einmal im Jahr.“ Vieles werde über Internet von zu Hause erledigt. Der Nachttresor wurde schon vor einiger Zeit abgeschafft. „Drei bis vier Kunden hatten diesen noch genutzt“, so Klaschka.

Für den Betrieb der Filiale müssen aus Sicherheitsgründen allerdings immer zwei Mitarbeiter anwesend sein. Zunächst reagierte die Sparkasse auf den Kundenschwund mit eingeschränkten Öffnungszeiten. Doch das führte dazu, dass diese noch weniger genutzt wurde.

Wenn nur noch wenige Kunden die Filiale aufsuchten, warum steht die Schließung dann in der Kritik? Eine Antwort darauf ist wohl, dass viele Stolberger sich abgehängt fühlen. Die Altenpflegerin Gabrielle Koseck bringt dies ganz schnell auf den Punkt: „Erst verschwand die Bahn-Anschluss, dann die Grundschule, dann der Supermarkt und nun die Sparkasse.“

Sie betreut alte Menschen im örtlichen Pflegeheim. Diese seien durchaus auf ein Geldinstitut in unmittelbarer Nähe angewiesen.

Stolberg gehört zur Einheitsgemeinde Südharz, die 17 Orte umfasst. Sparkassen-Filialen gibt es bald nur noch in Rottleberode und Roßla. Die Stolberger müssen künftig ins sieben Kilometer entfernte Rottleberode fahren, wollen sie einen Sparkassen-Berater sprechen.

Niedrigzinsen werden zum Problem

Auch Bürgermeister Ralf Rettig hat mit Instituts-Chef Weiss gesprochen. „Die Schließung ließ sich nicht abwenden“, sagt Rettig. Für ihn ist wichtig, dass ein Geldautomat im Ort bestehenbleibt. Das hat Weiss zugesagt. „Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Für Stolberg heißt das, auch den Tourismus zu fördern“, sagt Weiss. Doch dazu müsse die Bank auch finanziell in der Lage sein.

Die Sparkasse mit 288 Mitarbeitern verwaltet ein Kundenvermögen von 1,4 Milliarden Euro. Als öffentlich-rechtliche Anstalt ist es oberstes Ziel des Instituts, die Region wirtschaftlich voranzubringen - nicht die Gewinnmaximierung.

„Doch durch die Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank wird es für uns künftig schwerer, Geld zu verdienen“, sagt Weiss. Der Zinsertrag sei unter Druck. Die Folge: Kosten müssen gesenkt werden. Insgesamt will die Sparkasse Mansfeld-Südharz sieben von 23 Filialen schließen.

Durch Geldautomaten und einen Sparkassenbus will Weiss die Nähe zu den Kunden aufrechterhalten. Dass die Stolberger ihre Sparkasse gerne behalten würden, versteht Weiss. Doch macht der Instituts-Chef auch klar, dass die Sparkasse mit einer 170-jährigen Tradition auch in der Zukunft weiter solide wirtschaften müsse. (mz)